Mittwoch 22.09.10, 22:30 Uhr

Hirnverdrehende Physik 1


Im August kamen 147 LeserInnen auf diese Webseite, nachdem sie in einer Suchmaschine „kassierer physik“ eingegeben hatten. 144 tippten „die kassierer physik“ ein. Immerhin Platz 7 und 8 unter den meist gewählten Suchbegriffen, die zu bo-alternativ.de führen. Die LeserInnen stießen bisher aber nur auf die Meldung, dass Wölfi und Co schon ein Vierteljahrhundert kassieren und „fieberhaft an ihrem neuen Album mit dem mysteriösen Titel ‚Physik'“ arbeiten. Am 24. 9. wird nun diese „Platte“ erscheinen. Aufklärerisch heißt es in der Werbung für dieses Werk: »Dieses Prinzip der absurden Kombination von Musikstilen und hirnverdrehenden Texten ist bei „Physik“ auf den Höhepunkt gebracht worden.« Der ganze Werbetext für „Physik“ lautet: »Das Album „Physik“ erscheint zum 25jährigen Bandjubiläum der Kassierer aus Wattenscheid. Wie der für ein Punk-Album ungewöhnliche Titel andeutet, geht die musikalische Reise der Kassierer dieses Mal in Richtung Wissenschaft. Das Album verbindet in noch nicht dagewesener innovativer Weise die Themenkreise Quantenphysik, Astronomie und Kot – wobei auch die kassierertypischen Anliegen Saufen und Geschlechtsverkehr nicht zu kurz kommen. Musikalisch ist das Album noch ausgereifter und abwechslungsreicher als die letzte Scheibe „Männer, Bomben, Satelliten“, die mittlerweile sieben Jahre zurückliegt. Zu Beginn knüppelt ein Drill Instructor auf den überraschten Zuhörer ein und stimmt ein Loblied auf Wölfi ein – garantiert die nächste Hymne für’s Stadion. Punkmäßig wird dem Alkohol gehuldigt und er in eine logische Reihe der großen Menschheitserfindungen eingereiht. Obskure Zimmer tauchen auf bei „Ich fick dich durch die ganze Wohnung“, und in jedem dieser Zimmer kann man und frau herrlichen Sex haben. Melancholisch wird es beim „Zitronenhai“ einem balladenhaften Werk, welches von einem Zitherorchester begleitet wird, dessen betagte Mitglieder mit wahrem Spieleifer dabei sind. Auch lernt der geneigte Hörer, dass Sänger Wölfi rückwärts sprechen und singen kann, eine ganz erstaunliche Darbietung. Wer nach einem Song über das bisher vernachlässigte Thema Niesen sucht, wird fündig und kann im Selbstversuch probieren, ob es gelingt, „Scharlatan“ laut zu niesen. Erinnerungen an Kraftwerk steigen auf, wenn die Kassierer die schlimmste Substanz des Universums besingen. Was könnte das sein? Richtig, es ist von Kot die Rede. Alle Kinder, die mit dem Werk „Weihnachtsbäckerei“ groß wurden, sollten sich unbedingt informieren, wie eine Punkband dieses Lied genial verfremdet hat. Der Skakracher „Ich war ein Spinner – doch jetzt bin ich seriös“ wirft die Frage auf, wie viel Autobiographisches in diesem Album enthalten ist. Wir werden es – und das ist jetzt wieder typisch Kassierer – wahrscheinlich nie erfahren. Ständig wird man bei „Physik“ in ein Wechselbad von Erwartungen, Stimmungen, musikalischen Stilen und unerwarteten Wendungen geworfen, das jede Menge Spaß macht, verblüfft und oft Staunen macht. Was die Songs der Kassierer stets ausgemacht hat, ist ein geniales, jeder Konventionalität entzogenes Songwriting, das so von keiner anderen deutschen Band erreicht wird. Dieses Prinzip der absurden Kombination von Musikstilen und hirnverdrehenden Texten ist bei „Physik“ auf den Höhepunkt gebracht worden. Physik ist das würdige Spätwerk der Wattenscheider Band und wird später einmal als prägend für die Unterhaltungsmusik der Zehnerjahre gelten.«


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