Der Mieterverein Bochum, Hattingen und Umgegend e.V. hat auch im Geschäftsjahr 2009 einen leichten Mitgliederverlust hinnehmen müssen. „Der tut auch langsam weh“, sagte Geschäftsführer Michael Wenzel auf einer Pressekonferenz am heutigen Mittwoch. Im Vergleich zum Vorjahr sank die Mitgliederzahl um 0,9 % auf 15.817 Mitglieder. Auf dem Höchststand 1999 waren es noch rund 17.500.
In 10 Jahren sank die Mitgliederzahl damit um 9,6 %. Die Bevölkerungszahl der Stadt Bochum, wo rund 90 % der Mitglieder wohnen, ging im gleichen Zeitraum nur um 6,4 % zurück. Wenzel: „Das ist schon ein Problem.“ Wenzel nannte ein ganzes Bündel von Ursachen:
- Der weitgehend entspannte Wohnungsmarkt im Vereinsgebiet hat ganze Themenbereiche bei der Rechtsberatung wegbrechen lassen – etwa Eigenbedarfskündigungen, früher das Schreckgespenst für Mieter überhaupt.
- Die Mietrechtsreform von 2001 hat etliche Probleme gelöst, die früher für Beratungsbedarf erzeugten, etwa die Kündigungsfristen, die für MieterInnen jetzt generell drei Monate betragen.
- Die Eigentümerquote ist leicht gestiegen, die Zahl der MieterInnen also rückläufig.
- Der Mieterverein hat sein Alleinstellungsmerkmal bezüglich preiswerter Mietrechts-Beratung verloren. Konkurrenz kommt aus dem Internet oder von Billig-Hotlines.
- Der Mitgliederbestand ist überaltet. 34 % sind 60 Jahre oder älter – in der Gesamtbevölkerung sind es nur 26 %.
Wenzel: „Die Anzahl der Neuaufnahmen ist mit 1400 im Jahr nach wie vor hoch, in 2009 sogar gestiegen. Aber uns sterben buchstäblich die treuesten der treuen Mitglieder weg, die schon zur Neugründung nach dem Krieg eingetreten sind. Und bei den jüngeren Generationen ist das Prinzip der Solidargemeinschaft nicht mehr so verankert.
Der Rückgang schlägt sich auch in der finanziellen Situation des Vereins nieder. Bei einem Jahresumsatz von 1,1 Millionen und einer Bilanzsumme von 757.000 Euro schloss das Geschäftsjahr 2009 mit einem leichten Minus in Höhe von 13.000 Euro ab. Auch für die kommenden Jahre rechnet Wenzel mit negativen Ergebnissen, die aber über Rücklagen abgedeckt werden können.
Begegnet wird dem Mitgliederschwund nun mit einem ganzen Bündel von Maßnahmen:
- Seit Oktober 2009 läuft eine Werbekampagne durch Anzeigen, Plakate und Radiospots, die auch schon für einen deutlichen Anstieg der Neuaufnahmen gesorgt hat (zwischen 6 und 31 Prozent im Monat).
- Zum 1. April tritt eine neue Beitragsstruktur in Kraft. MieterInnen können dann zwischen einer Basis-, einer Standard- und einer Premium-Mitgliedschaft wählen. Letztere schließt auch eine Mietrechtsschutz-Versicherung und einen vergünstigten Ortstermin ein:
- Verstärkt bemüht sich der Verein um junge MieterInnen, die in der Mitgliedschaft im Vergleich zur Bevölkerung deutlich unter-repräsentiert sind. Für sie wurde eigens ein U-27-Tarif gebildet, der 2 € pro Monat günstiger ist und nur ein Jahr Mindestmitgliedschaft vorsieht.
- Für die Zielgruppe „junge Mieter“ wurde auch die Broschüre „Die erste eigene Wohnung“ in Zusammenarbeit mit dem Jugendamt aufgelegt.
„Auf 20 Seiten im handlichen A5-Format erklärt sie kurz und bündig, worauf man achten muss, wenn man die Füße nicht mehr unter den elterlichen Tisch stellen will“, erklärt Denise Schlange, die neue Marketing-Fachfrau beim Mieterverein, die das Projekt betreut hat. Von der Wohnungssuche über Tipps zum richtigen Verhalten bei der Besichtigung, worauf man beim Mietvertrag achten muss, was beim Einzug wichtig ist, welcher Papierkram zu erledigen ist bis zu Frage, wo das Geld für die Miete herkommt, sind alle Tipps leicht verständlich erklärt. Eine Checkliste der neuen Rechte und Pflichten als MieterInnen, hilfreiche Adressen sowie zahlreiche Verweise auf weitere Informationen im Internet runden das Angebot ab. Erhältlich ist die Broschüre beim Mieterverein und nach Ostern beim Jugendamt und den Einrichtichtungen der Jugendhilfe sowie den Bezirksverwaltungsstellen.