Freitag 18.12.09, 22:00 Uhr
AkaFö verliert vor dem Arbeitsgericht

Keine Kündigung wegen zwei Frikadellen


Der Bochumer Rechtsanwalt Harry Herrmann berichtet über einen Rechtsstreit um die fristlose Kündigung eines langjährigen Mitarbeiters in der Bochum Uni-Mensa wegen des angeblichen Verzehrs von 2 Stück Pommes bzw. 2 Frikadellen: »Der am 22.08.1959 geborene, bereits seit 1987 in Teilzeit und seit 1991 in Vollzeit in der Mensa beschäftigte, Familienvater ist Arbeiter für die Mensa der Universität Bochum. Diese wird vom dortigen Studentenwerk (Akademisches Förderungswerk =AkaFö) betrieben. Das Akademisches Förderungswerk Bochum betreibt als örtliches Studentenwerk die Versorgung der ca. 50.000 Studenten und die Universitätsangehörigen u.a. mit Lebensmitteln über die Mensa und verschiedene Cafeterien.
Nach 18 Jahren Tätigkeit fiel Herr Koliae aus allen Wolken, als man ihm vorhielt, dass er verbotswidrig Essen genommen hätte. Tariflich ist die ordentliche Kündigung aufgrund seiner langen Betriebszugehörigkeit ausgeschlossen. Im Gütetermin zeigte sich das Akademische Förderungswerk hartnäckig und bestritt auch im heutigen Kammertermin, dass die Mitarbeiter kostenfrei die Speisen des Hauses zu sich nehmen.
Die Mensamitarbeiter müssen die Speisen allein schon zur Qualitätssicherung verkosten. Dies wird auch je nach Speiseplan mit mehr oder weniger Freude durchgeführt. So heisst es, dass „kein Mensamitarbeiter hungrig nach Hause geht“. Aber auch in einem Aushang aus dem Jahre 2007 heißt es, dass Speisen in Schälchen gegessen werden dürfen.
Gleichzeitig hat das AkaFö in den Jahren 1994 und 2002 „Dienstanweisungen heraus gegeben, die damit in Widerspruch stehen. Essen ist danach für Mensamitarbeiter verboten.
Der Geschäftsführer mußte bereits 2006 in der Gerichtsverhandlung sich anhören, dass alle Mensamitarbeiter unkontrolliert Speisen zu sich nehmen. Selbst hoch bezahlte Küchenleiter mußten dies zugeben, obwohl der Geschäftsführer im Prozeß anders vortragen ließ. Aber selbst das Urteil des Arbeitsgerichts Bochums, 1 Ca 441/06 vom 17.10.2006, in dem die von ihm ausgesprochene Kündigung wegen des Verspeisens einer Wurst für unwirksam erklärt wurde, führte zu keiner Änderung seiner Haltung. Er griff willkürlich 3 Jahre später den hier betroffenen Arbeitnehmer heraus. Am Tag vor der heutigen Gerichtsverhandlung veranlaßte dieser Geschäftsführer eine Personalversammlung, in der er den Mensabeschäftigten erklärte, er könne sie alle nach Hause schicken. Er tue dies aber nicht. „Wir müssen zusammen halten“, rief er den Versammelten zu. Damit auch mögliche Zeugen des gekündigten Herrn Koliae nicht zu Lasten des Arbeitgebers aussagen, hat er diese Zeugen zusätzlich demonstrativ zum Rapport bei der Geschäftsführung hoch zitiert. Im Ergebnis vergeblich.
Nach Ansicht zahlreicher Mensamitarbeiter und ehemaliger Mensamitarbeiter gehört das Verhalten des Geschäftsführers vor Gericht, aber nicht einzelne Mensamitarbeiter.
Da der Arbeitgeber aber das vermeintliche Verbot des Essensverzehrs nicht nachvollziehbar darlegen konnte, wurde die fristlose Kündigung vom 20.07.2009 für unwirksam erklärt. Das Arbeitsverhältnis besteht fort.«

Da das AkaFö eine Einrichtung ist, die paritätisch von den Studierenden kontrolliert wird, ist der beschriebene Vorgang besonders befremdlich. Die Redaktion hat die Pressestelle des AkaFö und und den AStA der Ruhr-Uni um Stellungnahmen gebeten.