Mittwoch 28.10.09, 15:00 Uhr

Entlassungsrisiko


Der DGB Ruhr Mark schreibt: »Seit Jahresbeginn haben sich bei der Arbeitsagentur Bochum über 17.300 Menschen aus sozialversicherter Beschäftigung auf dem ersten Arbeitsmarkt arbeitslos gemeldet. Ihre Zahl ist gegenüber dem Vorjahr deutlich – und zwar um über 1.800 – angestiegen. Die geht aus einer Studie des DGB hervor. Auch wenn Betriebsräte und Unternehmensleistungen versuchten die Beschäftigung zu stabilisieren und sozialverträgliche Lösungen anstreben – so sind etwa 14.000 Versicherte in Kurzarbeit – ist die Gefahr arbeitslos zu werden hoch. Am höchsten ist das Entlassungsrisiko allerdings in binnenwirtschaftlich orientierten Sektoren, die kaum von der Weltwirtschaftskrise betroffen sind, wie dem Gastgewerbe, dem Handel und dem Baugewerbe. „In diesen Branchen geht das hohe Entlassungsrisiko längst nicht immer mit Personalabbau einher, denn diese Branchen konnten die Beschäftigung insgesamt noch auf Vorjahresniveau halten.
Doch die Instabilität der Beschäftigung und die Fluktuation ist überdurchschnittlich. Diese Branchen mit hohem Entlassungsrisiko sind zugleich jene mit einem sehr hohen Verarmungsrisiko bei eintretender Arbeitslosigkeit. Die Verdienste gering – der Schutz ebenso. Eine hohe Zahl von Mini-Jobbern im Gastgewerbe und Einzelhandel kommen hinzu. Im Gastgewerbe kommen bspw. 90 Mini-Jobber auf 100 sozialversichert Beschäftigte, “ so DGB Regionsvorsitzender Michael Hermund.

Die Sicherungslücken der Arbeitslosenversicherung sind nicht zu übersehen. Ein knappes Fünftel aller Zugänge aus dem ersten Arbeitsmarkt würde direkt zu Hartz IV-Empfängern.
„Trotz vorheriger sozialversicherter Beschäftigung erhalten sie ein so geringes Arbeitslosengeld, dass nicht einmal das gesellschaftliche Existenzminimum gesichert ist. Sie werden zu Aufstockern und erhalten Hartz IV,“ so Hermund

Sollte die Krise länger anhalten, rechnet der DGB mit einem weiteren Anstieg des Verarmungsrisikos.
„Das gilt auch bei einer nochmaligen Aufweichung des Kündigungsschutzes. Dies würde die Unsicherheit für Beschäftigte und die Fluktuation auf dem Arbeitsmarkt nochmals verstärken und betriebliche Auswahlprozesse zu Lasten schwächerer Arbeitnehmergruppen verschärfen, “ warnt Hermund.

Dabei sei Deutschland beim Kündigungsschutz längst nicht mehr europäisches Vorbild. In den Niederlanden beispielsweise sei es den Arbeitgebern grundsätzlich verboten, krank gemeldete Arbeitskräfte während der ersten beiden Jahre zu entlassen. Bei der vorgeschriebenen Präventions- und Wiedereingliederungsstrategie müsse sich der Arbeitgeber von staatlich anerkannten Beratungsfirmen unterstützen lassen.

Selbst die völkerrechtlichen Normen zum Kündigungsschutz, wie die Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) werden von Deutschland bisher nicht anerkannt.«