Mittwoch 24.06.09, 22:00 Uhr

Medizinische Versorgung von Illegalisierten


Die Medizinische Flüchtlingshilfe aus Bochum hat am vergangenen Wochenende an einem bundesweiten Treffen von vergleichbaren Initiativen für die medizinische Versorgung von Flüchtlingen in Freiburg teilgenommen. In einer gemeinsamen Erklärung der Einrichtungen heißt es: „Menschen ohne legalen Aufenthaltsstatus in Deutschland haben aus rechtlicher Sicht nach Asylbewerberleistungsgesetz Anspruch auf medizinische Behandlung bei akuten oder schmerzhaften Krankheiten. Um dieses Recht geltend machen zu können, müssen sie sich allerdings an das Sozialamt wenden. Das Sozialamt als öffentliche Behörde wiederum ist gesetzlich zu einer Weitergabe der Daten an die Ausländerbehörde verpflichtet (§87 Aufenthaltsgesetz), womit eine Abschiebung droht. Mit dieser Datenübermittlungspflicht hat Deutschland eine der restriktivsten Regelungen für die medizinische Versorgung von Illegalisierten in ganz Europa.
Die berechtigte Angst vor Abschiebung führt dazu, dass Krankheiten nicht oder zu spät erkannt werden und oft nicht adäquat oder sogar gar nicht mehr behandelt werden können. Schwangerschaften werden nicht medizinisch betreut, was zu einer Bedrohung für das Leben von Mutter und Kind führen kann.
Deshalb haben sich vor 15 Jahren die ersten Medibüros mit dem Ziel gegründet, anonym und kostenlos medizinische Hilfe an Illegalisierte zu vermitteln. Mittlerweile gibt es über das gesamte Bundesgebiet verteilt 20 solcher unabhängiger Netzwerke aus Freiwilligen, Ärztinnen und Ärzten und Angehöriger anderer medizinischer Berufe, die sich bemühen, wenigstens eine Minimalversorgung der Betroffenen zu gewährleisten.
Inhalt der kritischen Diskussionen auf dem Bundestreffen waren die Verbesserung des Zugangs zu gesundheitlichen Leistungen von Illegalisierten, die Verbesserung der defizitären Gesundheitsversorgung von hier lebenden Neu-EU-Mitgliedern und Nichtversicherten, sowie die Intensivierung einer bundesweiten Vernetzung der Medibüros.
Eine Inanspruchnahme der Leistungen des Gesundheitswesens darf nie zur Abschiebung führen.
Daher fordern die Medibüros Deutschlands ein Verbot der Datenweitergabe nach §87 Aufenthaltsgesetz auf Bundesebene, sowie die Abschaffung der Einschränkung von Gesundheitsleistungen wie sie das Asylbewerberleistungsgesetz beinhaltet.
Bis zur Umsetzung dieser Forderung setzen sich die Medibüros bundesweit für die Einführung eines Anonymen Krankenscheins auf kommunaler und Länderebene ein, um den faktischen Zugang des Menschenrechts auf Gesundheit in der BRD für alle mit und ohne legalen Aufenthaltsstatus zu gewährleisten. (Vergleiche www.medibueros.org).“
Medibüro Berlin, MediNetz Bremen, Medizinische Flüchtlingshilfe Bochum, Medinetz Dresden, Medinetz Düsseldorf, Medinetz Essen, MediNetz Freiburg, Medizinische Flüchtlingshilfe Göttingen, Medibüro Hamburg, Medinetz Leipzig, MediNetz Mainz, MediNetz Rhein-Neckar