Norbert Hermann von der Unabhängigen Sozialberatung kommentiert eine Entscheidung des Bundessozialgerichtes (BSG) vom gestrigen Donnerstag gegen die Bochumer ARGE, wonach auch die monatlichen Gebühren, die ein Vermieter für die Benutzung einer Kücheneinrichtung kassiert, als Teil der Miete von der ARGE zu bezahlen sind. Damit schloss es sich den vorhergehenden Entscheidungen des Sozialgerichts Dortmund und des Landessozialgerichts NRW in Essen an: »Die ARGE Bochum hatte argumentiert, in der monatlichen Regelleistung in Höhe von damals 345 Euro sei bereits ein Betrag i.H.v. 27,60 Euro als „Ansparbetrag“ für die Wohnungseinrichtung enthalten. Davon wolle sie 15 Euro für die bereitgestellte Kücheneinrichtung anrechnen. Auf den Vorhalt des BSG, wie denn von den verbleibenden 12,60 Euro die gesamte übrige Ausstattung anzusparen sei, wussten die anwesenden VertreterInnen der ARGE Bochum allerdings keine Antwort. Peinlich auch die weitere Frage der berichterstattenden Richterin des BSG, ob die ARGE bereit gewesen wäre, bei einem nach ARGE-Konzept möglichen Umzug der Betroffenen auch die umzugsbedingten Kosten nebst einer möglicherweise höheren zulässigen Miete zu übernehmen. Auch hier versanken die ARGE-VertreterInnen in Schweigen. Die Vorinstanzen hatten argumentiert, die Kücheneinrichtung gehöre zu der “Mietsache”.
„ … Das Recht zu einer “Teil-Kündigung” hinsichtlich der Kücheneinrichtung steht der Klägerin zivilrechtlich nicht zu. … “ Zudem handele es sich bei der Regelleistung um einen komplett pauschalierten Betrag, der weder nach oben noch unten veränderbar sei. „ .. Eine Aufspaltung der durch Gesetz festgelegten einheitlichen Regelleistung in eine Vielzahl von Einzelbedarfen hat der Gesetzgeber des SGB II konzeptionell nicht gewollt … “.
Nach einer anderen Entscheidung des Bundessozialgerichts (18.6.2008, B 14/11b AS 61/06 R) stünden der in einer Wohngemeinschaft lebenden Betroffenen auch mindestens 45 qm Wohnfläche zu und nicht die von der ARGE Bochum hier zugestandenen 35 – 37,5 qm.
Die Entscheidung des Landessozialgerichts (L 7 AS 19/07)
Weitere Informationen:
Die 1950 geborene Klägerin lebte im streitigen Zeitraum mit ihrem 1972 geborenen Sohn in einer 67 qm großen Wohnung. Nachdem die ARGE die KdU zunächst (nach Abzug einer Pauschale für die Warmwasserbereitung) in voller Höhe übernommen hatte, forderte sie die Klägerin später auf, die KdU zu senken; die Mietüberschreitung liege aber noch im tolerablen Bereich, sodass eine Umzugsnotwendigkeit nicht vorliege. Die von der Klägerin gezahlte Vergütung für die Benutzung der Kücheneinrichtung könne jedoch nicht übernommen werden. Das SG hatte der hiergegen gerichteten Klage stattgegeben; das LSG hatte die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Die Klägerin könne von der Beklagten die Übernahme ihrer Aufwendungen für die Nutzung der Kücheneinrichtung beanspruchen. Es handele sich dabei um Aufwendungen für die Unterkunft gemäß § 22 SGB II. Die Vergütung sei zivilrechtlich Bestandteil der Miete, die die Klägerin auf Grund des Mietvertrages zu zahlen habe. Die ARGE hingegen hatte argumentiert, die Kosten für Möbel seien von der Regelleistung abgedeckt und könnten nicht dauerhaft zusätzlich als Unterkunftskosten berücksichtigt werden. Der Hilfebedürftige beziehe ansonsten eine Doppelleistung. (Az.: B 14 AS 14/08 R).
Aus der Vor-Entscheidung des LSG NRW:
… die Klägerin schuldet diese Entschädigung bzw. Vergütung aufgrund ihrer mietvertraglichen Vereinbarung mit ihrem Vermieter. Die Kücheneinrichtung gehört damit zu der “Mietsache” gemäß § 535 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), deren Gebrauch der Vermieter der Klägerin zu gewähren hat. Zur Mietsache gehören alle Bestandteile der Mietsache, im Zweifel auch das Zubehör sowie Haushaltsgeräte …
… Die Vergütung bzw. Entschädigung für die Nutzung der Kücheneinrichtung ist folglich Teil der Miete bzw. des Mietzinses, den die Klägerin an ihren Vermieter zu zahlen hat …
… Eine Ungleichbehandlung zugunsten des Arbeitsuchenden ist ebenfalls nicht gegeben. Denn die Gesetzgebung hat die in § 20 Abs. 1 SGB II beispielhaft genannten Bedarfe des SGB II in typisierter Form erfasst. Werden im Einzelfall also durch die Leistungen für Unterkunft des § 22 SGB II Bedarfe – hier im Übrigen nur zum Teil – befriedigt, die bereits von der Regelleistung des § 20 SGB II abgedeckt werden, ist dies als Konsequenz der Typisierung nicht zu korrigieren, sondern als Abweichung im Einzelfall hinzunehmen. Eine Aufspaltung der durch Gesetz festgelegten einheitlichen Regelleistung in eine Vielzahl von Einzelbedarfen hat der Gesetzgeber des SGB II konzeptionell nicht gewollt … “