Mittwoch 11.02.09, 08:00 Uhr
Auszug aus dem Vorwort:

„Kein Vergeben. Kein Vergessen. Der internationale Kampf gegen Straflosigkeit“


„[…]’Kein Vergeben, kein Vergessen‘ ist einer jener Grundsätze, mit denen in weiten Teilen der Welt Menschen um ihr Recht auf Anerkennung des Erlittenen kämpfen, um die Erinnerung an diejenigen, die in den Folterkellern ihr Leben ließen, in ihren Häusern oder auf offener Straße ermordet wurden und um die Bestrafung der Verantwortlichen. Die Idee zu diesem Buch ist aus diesen Kämpfen entstanden.
Zwölf Jahre vor Erscheinen dieses Buches gründete sich in Bochum die Medizinische Flüchtlingshilfe, eine Menschenrechtsorganisation, die neben medizinischer Hilfe für Flüchtlinge ohne Papiere auch psychosoziale Unterstützung für Überlebende von Folter und Krieg anbietet. Seit Februar 2008 ist die Medizinische Flüchtlingshilfe durch den internationalen Dachverband der Therapiezentren für Folteropfer (IRCT) als Bochumer Mitgliedszentrum akkreditiert.
Doch nicht nur individualtherapeutisch hilft die Medizinische Flüchtlingshilfe Überlebenden von Folter und Krieg. Als Menschenrechtsorganisation fördert sie im Rahmen ihres Arbeitsschwerpunktes ‚Gerechtigkeit heilt‘ auch den internationalen Kampf gegen die Straflosigkeit schwerer Menschenrechtsverletzungen, wissend, dass die
Straffreiheit der Täter die alten Wunden täglich neu aufreißt und ihr Leiden verlängert. ‚Gerechtigkeit heilt‘ bildet die Brücke zwischen der psychosozialen Arbeit mit Überlebenden schwerer Menschenrechtsverletzungen, der gesellschaftlichen Aufarbeitung der gewaltsamen Vergangenheit und der Demokratisierung der Zukunft in jenen Ländern, aus denen Menschen zu Zehntausenden fliehen mussten und oft heute noch fliehen müssen.
Immer wieder wandten sich Menschenrechtsorganisationen oder Angehörigengruppen aus den unterschiedlichsten Ländern an die Medizinische Flüchtlingshilfe, um sich über die Erfahrungen, Strategien und Erfolge der Menschenrechtsbewegungen anderer Länder informieren zu lassen. Wieder und wieder tauchte dabei die Forderung auf, den Austausch dieser Erfahrungen zu koordinieren, zuletzt auf einem internationalen Kongress den die Medizinische Flüchtlingshilfe im Oktober 2005 in Bochum unter dem Titel Gerechtigkeit heilt veranstaltete. Seit 2007 koordiniert die Medizinische Flüchtlingshilfe zu diesem Zweck ein weltweites Netzwerk, das mittlerweile mehr als 60 Nichtregierungsorganisationen und Einzelpersonen in mehr als 26 Ländern auf allen Kontinenten umfasst.
Zwischen November 2004 und Juli 2007 überprüfte die Medizinische Flüchtlingshilfe die These „Gerechtigkeit heilt“ in einer wissenschaftlichen Studie, die die Erfahrungen aus dreizehn Ländern zusammentrug und die gesundheitlichen Auswirkungen der Straflosigkeit auf Überlebende und Angehörige von Opfern untersuchte. Die sozialpsychologischen Ergebnisse der Studie wurden in deutschen und internationalen Fachpublikationen veröffentlicht.
Die unterschiedlichen Strategien mit denen nach dem Ende von Diktaturen oder Kriegen versucht wurde, mit den Verbrechen der Vergangenheit umzugehen, werden anhand von elf ausgewählten Ländern mit diesem Buch erstmals
vorgelegt. […]“

Die Verlagsmitteilung zum Buch.