Zu der Aktion am Samstag in der Bochumer Innenstadt, bei der u.a. auf die Hintergründe der Proteste in Griechenland aufmerksam gemacht werden sollte, schreiben die Beteiligten: »Am Samstag, den 20.12. fanden sich spontan 25 AktivistInnen auf dem Weihnachtsmarkt am Dr.-Ruer-Platz ein, um mit künstlerischen Mittlen, Transparent und Verteilung von Flugblättern auf die anhaltenden Proteste in Griechenland aufmerksam zu machen. Diese Aktion stand im Rahmen des „Internationalen Aktionstags gegen staatlichen Mord“, der von der Vollversammlung der besetzten Polytechnischen Fakultät in Athen eine Woche zuvor ausgerufen worden war. Nach etwa 20 Minuten trafen die AktivistInnen, die nach der Veranstaltung den Dr.-Ruer-Platz verlassen wollten, auf einen Polizeibeamten. Dieser forderte unter Androhung von Gewahrsamnahme die willkürliche Herausgabe von Personalien. Offenbar provozierte ihn die Tatsache, dass sich – für eine bereits in Auflösung begriffene – Versammlung niemand vorher den Weihnachtssegen der Polizei abgeholt hatte.
Gleichzeitig traten, wie aus dem Nichts, drei Unbekannte zur Situation hinzu, unterhielten sich kurz mit dem Uniformierten und gingen dann einen Fotografen ruppig an, indem sie dreist die Herausgabe seiner Kamera forderten, weil mit ihr die merkwürdige Szenerie dokumentiert werden sollte. Ohne allgemeine Vorwarnung, dass sie zu diesem Zeitpunkt als Polizisten in Zivil handelten, ließen sie ihrer Wut gegen die Anwesenden freien Lauf und nahmen nach einer kurzen Verfolgungsjagd eine Person fest. Nach einigen Personalienfeststellung erteilten sie den Anwesenden für den Weihnachtsmarkt Platzverweise. „Eine derartige Eskalation wäre einfach unnötig gewesen“, urteilt eine Teilnehmerin der Aktion, „Die Veranstaltung war schon für beendet erklärt, doch dies ignorierten die übereifrigen Staatsdiener einfach.“ Anlässlich des gewaltsamen Todes des 15jährigen Alexis Grigoropoulos am 6. Dezember in Athen, der durch die Dienstwaffe eines Polizeibeamten und mutmaßlichen Mitglieds der rechtsextremen Organisation „Golden Dawn“ niedergestreckt worden war, folgten in mehreren griechischen Städten empörte Proteste aus großen Teilen der Bevölkerung. Die internationale Presselandschaft schenkte diesem Fall für die ersten Tage ihre Aufmerksamkeit, weil massive gewaltsame Auseinandersetzungen mit der Staatsgewalt und die Zerstörung von Banken und prestigeträchtigen Einkaufszonen mit den Protesten einhergingen.
„Typisch für die Presse in Deutschland und anderen Ländern ist, dass sie nur solange über die Proteste berichten, wie diese durch Gewalt begleitet werden“, meint ein Initiator der Aktion. „Nach dem Abebben der Gewalt las man in den Zeitungen keine einzige Zeile mehr über die tiefgründigen Ursachen des kollektiven Wutausbruchs in Griechenland.“ Man wolle sich in den nächsten Wochen intensiv und solidarisch mit der aktuellen sozialen Protestbewegung in Griechenland beschäftigen und in ähnlicher Form wie am Samstag die Öffentlichkeit informieren, so der Initiator weiter. Zudem sollte das Flugblatt, dass zu Hunderten auf dem Weihnachtsmarkt verteilt wurde, auf den Freispruch für die Dessauer Polizeibeamten vom 8. Dezember aufmerksam machen, unter deren Verantwortung der aus Sierra Leone stammende Oury Jalloh vor fast vier Jahren in einer Ausnüchterungszelle verbrannte. Das Phänomen der häufigen Straffreiheit für Polizeibeamte, die im Dienst ihre Schusswaffe unter unverhältnismäßigen Bedingungen und oftmals tödlich zum Einsatz bringen, ist nicht nur in Deutschland und Griechenland, sondern in der ganzen Welt bekannt.«
Der Polizeibericht zu der Aktion: Strafanzeige nach Störung des Weihnachtsmarktes