Dienstag 01.07.08, 22:00 Uhr

Offener Brief gegen die Ignoranz von HochschullehrerInnen


Die Freie Uni bzw. das Protestkomitee gegen Studiengebühren hat einen Offenen Brief der Studierendenschaft an den Rektor der Ruhr-Uni Bochum, Elmar Weiler, „sowie den Senat, insbesondere die Fraktion der ProfessorInnen“ veröffentlicht: „Sehr geehrte Damen und Herren,
mit großer Verwunderung und Ärger haben wir die Entscheidung des Senats, sich mit Studiengebühren in diesem Semester nicht zu befassen, zur Kenntnis genommen. Unser Vertrauen in den Senat und die ihm untergeordneten Verwaltungseinheiten, dass diese verantwortungsvoll, sachkundig und im Einvernehmen mit der Studierendenschaft mit den ihnen anvertrauten Geldern umgehen werden, wurde tief enttäuscht. Die Studierendenschaft hatte auf der Senatssitzung am 19. Juni 2008 einen Antrag auf Gebührensenkung in den Senat eingebracht, in der Hoffnung, mit Ihnen in einer konstruktiven Debatte über die Sinnhaftigkeit der momentanen Gebührenhöhe zu diskutieren. Dieser Schritt ist aus unserer Sicht geboten, da aus dem Bericht des Rektorats über die Verwendung der Studiengebühren hervorgeht, dass nur knapp die Hälfte der eingezogenen Gelder ausgegeben wurden. Natürlich sehen wir die Notwendigkeit, strukturelle Probleme der Universität zu beheben. Schließlich sind wir diejenigen, die unter asbestverseuchten Seminarräumen, tropfenden Decken und Schimmelkulturen an den Wänden am häufigsten zu leiden haben – ganz zu schweigen von Löchern im Fußboden, kaputten Bestuhlungen und den teilweise gefährlich brüchigen Bodenplatten auf dem Campus. Da jedoch sämtliche Unigebäude dem Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW, sprich dem Land gehören, verstehen wir nicht, warum die RUB als Mieterin, oder gar wir als temporäre NutzerInnen, für die Behebung dieser Mängel aufkommen sollten.
Außerdem verstößt die Investition von Studiengebühren in Renovierungsarbeiten nicht nur gegen unsere Vorstellungen einer Verbesserung der Lehre, sondern sogar gegen die Gebührensatzung unserer Universität. Auch das Anschaffen von Aufklebern mit der Aufschrift „Von uns für uns“, die benutzt werden um aus Studiengebühren angeschaffte Bücher u.ä. zu kennzeichnen, halten wir für reine Propaganda, die keineswegs geeignet ist, die Lehre zu verbessern.
Weiterhin bedenklich finden wir die Tatsache, dass zahlreiche Projekte, die durch Gebühren finanziert werden sollten, vollkommen falsch kalkuliert wurden – für fast jedes Projekt wurden immens höhere Kosten eingeplant als im Endeffekt nötig. Dieser unseriöse und schwer nachvollziehbare Umgang mit studentischen Geldern erweckt nicht den Eindruck des verantwortungsbewussten Vorgehens, das uns versprochen wurde.
Auf Grund der Kürzungen im Landeshaushalt, die durch die Erhebung der Studiengebühren lediglich ausgeglichen werden, schien der Versuch, durch Studiengebühren mehr zu erreichen als die Erhaltung des Status quo, von vornherein unglaubwürdig. Statt sich jedoch mit der Studierendenschaft zu solidarisieren, wurden die Fehler der Landesregierung einfach übernommen und an uns, die Studierenden weitergereicht. Die damit verbundenen Probleme wurden nicht berücksichtigt.
Unter diesen Umständen sind wir empört darüber, dass sich mit dem Antrag der studentischen Senatsfraktion am 19. Juni 2008 nicht befasst wurde. Insbesondere ärgert uns die Tatsache, dass niemand von den ProfessorInnen bereit war, die Argumente der Studierenden anzuhören. Es waren maßgeblich die Stimmen dieser Fraktion, die die Einführung der Studiengebühren in Bochum ermöglicht haben. Gerade die Menschen, die am 18. September 2006 ihre Hand für eine unsoziale, ungerechte und schlecht organisatorisch schlecht durchdachte Hochschulpolitik gehoben haben, sollten damit rechnen, dass sie mit den daraus entstandenen Problemen konfrontiert werden. Wir fordern den Senat hiermit auf, sich spätestens auf der nächsten Sitzung am 17. Juli 2008 den Argumenten und Bedenken der Studierendenschaft zu stellen und unseren Antrag auf Senkung der Gebühren zu behandeln.
Mit freundlichen Grüßen“