Sonntag 11.11.07, 18:05 Uhr

Gedächtnislücke: Lammerts Universum


»Steckel, den hier keiner mehr kenne und der zu seiner Bochumer Zeit das Theater für den Transport seiner politischen Meinung genutzt habe, wolle dadurch nur auf sich aufmerksam machen.« lamentierte Lammert, der bis 2002 Kultur- und medienpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion war, über bekannte Gedächtnislücken seiner Zunft in einem gestrigen Bericht bei Radio Bochum 98.5. Der ehemalige Intendant von 1986 bis 1995, Frank-Patrick Steckel, gehört zu den exponierten Gegnern der umstrittenen Kriegslesung »’s ist leider Krieg« von Lammert und Flimm am Schauspielhaus Bochum.
Aber was meint Lammert mit »hier«? Bochum? NRW? Westdeutschland? Die BRD? Mitteleuropa? Die nördliche Hemisphäre? Den Planeten Erde? Den uns vertrauten Teil der Milchstrasse? Unsere kleine Galaxis? Den für uns einsehbaren Teil des Universums?
Die Logik ist im Übrigen die seiner ersten Auslassung: Darf ich, Lammert, auf dem Theater nicht Lyrik etc. vortragen, darf Steckel das Theater nicht zur Verbreitung seiner politischen Meinung nutzen. So zitierten die Ruhrnachrichten eine Frage von Lammert am 24. Oktober: »…warum sich Theatermacher eigentlich politisch äußern dürfen, wenn Politiker nicht auf der Bühne stehen dürfen…«

Das geht am Kern der Sache stracks vorbei und offenbart Lammerts parteipolitisches Kulturuniversum. Die Redaktion ist sehr froh, dass Lammert nicht die Chirurgie als Hobby gewählt hat. Stellen Sie sich das Szenario vor, Lammert möchte mit Hilfe eines getreuen Mediziners tätlich an einer Operation teilnehmen wollen, und die operierende Ärzte und der Patient wehren sich dagegen. Lammert würde diesen Ärzten das Recht auf politische Meinungsäußerung entziehen wollen?
Und Jürgen Flimm? Der schweigt.

Seit 18:00 Uhr protestiert das Bochumer Friedensplenum im Foyer der Kammerspiele und verteilt ein alternatives Programmbuch: Das komplette Buch als PDF-Datei