Dienstag 21.08.07, 13:25 Uhr

Antrag auf Übernahme der Bildungskosten für Kinder armer Eltern im Rahmen des SGB II oder des SGB XII


Der nachfolgende Antrag als rtf-Datei für Textverarbeitungsprogramme

Unabhängige Sozialberatung
– Beratungs- Beschwerde- und Ombudsstelle für Erwerbslose –

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Dieser Entwurf beruht auf einer Vorlage von ver.di München und wurde von uns entsprechend der aktuellen rechtlichen und sozialpolitischen Diskussion ergänzt.

Antrag auf Übernahme der Bildungskosten für Kinder armer Eltern
im Rahmen des SGB II oder des SGB XII

Antrag und Begründung:

Name:
Anschrift:
An die ARGE …
……………………………………
……………………………………

Datum:

BG-Nr.: ……………………………………; Antrag auf Übernahme von Schulkosten

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich beantrage hiermit für mein Kind ……………………………., geb. am ……………………die Erstattung der bisher entstandenen Kosten für Lernmittel und Schulmaterial für das ……..Schuljahr in Höhe von …….€ oder die Gewährung einer Pauschale, die im weiteren Verlauf des Schuljahres noch entstehende Kosten mit abdeckt.

Die anfallenden Schulkosten sind dabei gemäß § 11 Abs. 2 Nr. 5 SGB II vom
Einkommen des Kindes (dem Kindergeld) abzusetzen, hilfsweise als Darlehen gemäß § 23 Abs. 1 SGB II zu gewähren und die Darlehensschuld gemäß § 44 SGB II zu erlassen. Ggf. ist die Anwendbarkeit des § 73 SGB XII zu prüfen.

Begründung:

1. Nach § 11 II Nr. 5 SGB II sind vom Einkommen abzusetzen „… die mit der Erzielung des Einkommens notwendig verbundenen Ausgaben …“. Erfasst sind damit auch Ausgaben, die dazu dienen, in Zukunft Einkommen zu erzielen (z.B. Ausbildungskosten, Bewerbungskosten, Fortbildungen, u.s.w. – BA 11.29) bzw. Ausgaben, die einen Nutzen für die zukünftige Einkommenserzielung haben (Eichler/Spellbrink SGB II § 11 Rn. 70). Schulmaterialien werden benötigt, um Voraussetzungen für die zukünftige Erzielung des Einkommens aus Ausbildung und Arbeit zu schaffen.

2. Sollte der oben genannten Rechtsauffassung nicht zu folgen sein, sind die Schulkosten als Darlehen zu gewähren und die Darlehensschuld ganz oder teilweise zu erlassen, (§ 23 I SGB II i.V. m. § 44 SGB II).

3. Ggf. ist auszuweichen auf eine Inanspruchnahme der Möglichkeiten des § 73 SGB XII entsprechend der Entscheidung des Bundessozialgerichtes – 7b. Senat (Az: B 7b AS 14/06 R) vom 07.11.2006:

„… Vor diesem Hintergrund kann eine atypische Bedarfslage angenommen werden, die die Anwendung des § 73 SGB XII (Hilfe in sonstigen Lebenslagen) rechtfertigt, …
ohne dass die Norm zur allgemeinen Auffangregelung für Leistungsempfänger des SGB II mutiert. Erforderlich ist nur das Vorliegen einer besonderen Bedarfslage, die eine gewisse Nähe zu den speziell in den §§ 47 bis 74 SGB XII geregelten Bedarfslagen aufweist … . … Einzuräumen ist, dass die vorgeschlagene Lösung … wegen der Mehrfachzuständigkeiten nicht verwaltungsfreundlich ist. Eine praktikablere Lösung bedürfte jedoch einer Gesetzesänderung, die eine Berücksichtigung verfassungsrechtlich gebotener Bedarfe … ermöglicht … .“

Sowohl angesichts der Zusammensetzung der Regelleistung (Regelsatzverordnung – Kosten für Bildung nicht enthalten) als auch deren Begründung ( Einkommens- und Verbrauchsstichprobe unter älteren Singles) ist die für die Anwendbarkeit des § 73 SGB XII notwendige atypische Bedarfslage von Schulkindern offensichtlich. Insbesondere gilt das für die Grundausstattung zu Schuljahresbeginn, noch mehr für die Einschulung oder für einen Schulwechsel.

Aufgabe der Behörden ist die Sicherstellung eines menschenwürdigen Lebens, hergeleitet aus der verfassungsrechtlichen Pflicht des Staates, die aus dem Gebot zum Schutz der Menschenwürde im Rahmen des Sozialstaatsgebots folgt (BverfGE 82,60/80). Dazu gehört bei Schulkindern unbedingt die Ermöglichung der Teilhabe am Unterricht und dem üblichen schulischen Leben.

Die entsprechenden Leistungen sind somit als Pflichtleistungen zu erbringen. Um die Kinder wegen des widerstrebenden Verhaltens der Behörden nicht „im Regen stehen zu lassen“, kann bis zu einer abschliessenden Klärung die Leistung auch als freiwillige reguläre Leistung der Kommune erfolgen. Sind die Bedarfe allerdings bereits anderweitig gedeckt (beispielsweise durch einen Fonds), besteht der ursprüngliche fürsorgerechtliche Bedarf nicht mehr.

Gemäss dem Leitbild der Stadt Bochum als „Soziale Stadt“ und „Bochum macht jung“ hat die Kommune und ihre Oberbürgermeisterin die Pflicht, im Rahmen der kommunalen Daseinsvorsorge Weg zu einer Realisierung dieser rechtlich unabdingbaren Versorgung zu finden.