Das Bochumer G8-Plenum hat gestern auf dem Sommerfest der Ruhr-Uni ein Flugblatt verteilt, in dem u.a. das Schicksal eines Bochumer Studenten beschrieben wird, der gestern in Rostock in einem Schnellverfahren zu neun Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt wurde. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Berufung wird eingelegt. Der Verurteilte ist aus der Haft entlassen worden und hofft nun auf ein rechtsstaatliches Verfahren in der zweiten Instanz. Der Text des Flugblattes im Wortlaut:
Seit vergangenen Samstag demonstrieren regelmäßig viele tausend Menschen in Rostock und Umgebung gegen den G8 Gipfel. Die Regierungschefs der reichsten Industrienationen treffen sich in Heiligendamm und entscheiden über die Köpfe der Betroffenen hinweg über die Ausrichtung ihrer Weltpolitik. Die berechtigte Kritik an diesen Konzepten äußeren die Aktivisten mit vielen bunten Aktionen, Demonstrationen und stellen so Alternativen vor.
Am vergangenen Samstag kam es am Rande der Eröffnungsdemonstration zur Krawallen und Festnahmen. Am Dienstag hat nun das erste Schnellverfahren gegen festgenommene GegnerInnen des G8-Gipfels begonnen. Acht weitere sollen in den nächsten Tagen folgen. Den inhaftierten Personen werden unter anderem „schwerer Landfriedensbruch“ und „Körperverletzung“ vorgeworfen. Nun sollen sie schnell und hart abgeurteilt werden. Ihre Rechtsbeihilfen werden von der Polizei an ihrer Arbeit gehindert. Die Schnellverfahren geben den Festgenommenen nicht die Möglichkeit, sich angemessen auf den Prozess vorzubereiten, eine Chance freigesprochen zu werden, besteht kaum. Die schnelle Aburteilung in Rostock soll vor allem eines: junge Menschen davon abschrecken, sich gegen das Unrecht, das die G8-Staaten verbreiten, einzusetzen. Ermittelt wird deshalb vorzugsweise gegen junge TeilnehmerInnen der Demonstrationen, die man leicht einschüchtern zu können glaubt. Das hat nichts mit rechtsstaatlichem Vorgehen zu tun: Die Maßnahmen dienen als Repression, als Einschüchterung, um junge Leute im Vorfeld davon abzuhalten, ihre Meinung demonstrativ zu äußern.
Unter den Verhafteten befindet sich auch ein Student aus Bochum, der am Samstag festgenommen wurde und dem versuchte schwere Körperverletzung und schwerer Landfriedensbruch vorgeworfen wird. Am Mittwoch der nicht vorbestrafte Beschuldigte zu neun Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt. Damit folgte der Richter den Vorschlägen der Staatsanwaltschaft in einem Verfahren, das nur als Farce bezeichnet werden kann. Die zwei Zeugenaussagen von Berliner Polizisten, die verlesen wurden, konnten nur feststellen, dass es sich um eine männliche Person gehandelt haben soll, die Flaschen oder Steine geworfen habe. Fotos, Videos oder eine genauere Personenbeschreibung gab es nicht.
Die Haftbedingungen waren ähnlich haarsträubend. Seit Dienstag wurde dem Bochumer nur eine Stunde Hofgang erlaubt, mindestens eine pro Tag ist vorgeschrieben und während der 10 Stunden im Gefangentransporter gab es nichts zu essen und zu trinken.
Die Strategie der Polizei, die nach eigenen Verlautbarungen auf Deeskalation setze, ging nicht auf. Nun sollen Exempel statuiert und besonders harte Strafen verhängt werden. Darüber hinaus geht die Polizei mit Demonstrationsverboten, Dauerkontrollen und fast schon militärischen Mitteln gegen die DemonstrantInnen vor. In den Medien wird dies totgeschwiegen und versucht ein Keil zwischen die Protestierenden zu treiben. Diese Rechnung darf nicht aufgehen. Wir erklären uns solidarisch mit den Gefangenen von Rostock. Wir erklären uns solidarisch mit den Genossinnen und Genossen, die sich im Umkreis von Heiligendamm unter größter Gefährdung ihrer Gesundheit und Freiheit für Menschenrechte und Frieden einsetzen und dem globalen Kapitalismus seine Grenzen aufzeigen. Wir fordern ein Ende der Polizeigewalt und der staatlichen Repressionen, wir fordern die Einstellung der Schnellverfahren und die Einstellung der Behinderung der Arbeit der Rechtsbeihilfen.
www.g8-tv.org
Public Viewing am Donnerstag 7. Juni, 21.00 Uhr im Bermudadreieck.
Donnerstag 07.06.07, 16:00 Uhr
Flugblatt des Bochumer G8-Plenums: