Dienstag 15.05.07, 14:00 Uhr

Soziale Liste diskutierte: Was tun gegen die Armut in Bochum?


In Bochum und Wattenscheid leben schätzungsweise 57.000 Menschen in Armut. Allein 40.000 Personen davon erhalten Arbeitslosengeld II (Hartz IV), weitere 11.000 sind nichterwerbsfähige hilfsbedürftige Sozialgeldempfänger. Diese Zahlen zur Entwicklung der Armut nannte Ratsmitglied Günter Gleising auf einer Versammlung der Sozialen Liste am gestrigen Montagabend. Zusammen mit weiteren geschätzten 6.000 Menschen, die von Kleinrenten leben, die Schule oder Ausbildung abgebrochen haben, auf der Straße leben oder einfach von keiner Statistik erfasst werden, ergibt sich, dass rund 14,8 % der Einwohner in unserer Stadt arm sind.
„Die Zahlen zeigen, dass der angeblich so positive Trend in der Wirtschaft dem Bereich von Hartz IV nicht zu Gute kommt“, so Günter Gleising. Besonders erschreckend ist, dass überproportional Kinder und Alleinerziehende betroffen sind. Vor der allgemeinen Zukunftsdiskussion und der demographischen Entwicklung in unserer Stadt ist es ein „gesellschaftspolitischer Skandal“, so Gleising, dass in Bochum und Wattenscheid die Anzahl der Kinder, die in Armut leben müssen, auf über 12.000 geschätzt wird.
Gleising nannte auch Einzelbeträge, die Kindern zugestanden werden. Ein Kind unter 14 Jahren aus einer Familie im ALG II-Bezug bekommt, 60 % des Regelsatzes = 207 Euro pro Monat. Das Kindergeld ist da schon eingeschlossen. Das ergibt, dass für Spielsachen und Hobbywaren monatlich 1,52 Cent zur Verfügung stehen. Für Schreibwaren/ Zeichenbedarf 1,32 Euro, für Bekleidung und Schuhe 20,70 Euro. Täglich stehen einem Kind nach Hartz IV 0,57 Euro für das Frühstück und jeweils 1,02 für das Mittagessen und das Abendbrot zur Verfügung.
In der lebhaften Diskussion auf der gut besuchten Versammlung der Sozialen Liste wurden diese Zahlen durch konkrete Beispiele untermauert. So werden für das Essen in einer Bochumer Kitag 56 Euro monatlich, das Schulessen 2,90 Euro täglich fällig. Ein Teilnehmer berichtete von einer engagierten Lehrerin aus Höntrop, die „immer ein paar Brote mehr dabei hat, um Kindern etwas abgeben zu können“.
Die Soziale Liste beschloss eine ganze Anzahl von Aktivitäten zu entwickeln. Im Mittelpunkt stehen dabei die Situation von armen Kindern an Schulen, die Verbesserung des „Bochum Passes“ und die Forderung nach einem Sozialticket.
Die Soziale Liste schlägt vor, konzentriert und konsequent die Situation von Kindern, Armen und Familien in den Mittelpunkt kommunalen Handelns zu stellen. Um deren Situation zu verbessern, will sie für die Schaffung einer kommunalen Stiftung „Gegen Armut in unserer Stadt“ eintreten, die in einem ersten Schritt, u. a. von den städtischen Töchtern, mit 3- 5 Mio. Euro ausgestattet werden soll.