Freitag 13.04.07, 19:18 Uhr
Ministerpräsident Oettinger relativierte Verbrechen der NS-Justiz

Kampagne „Gerechtigkeit heilt“ fordert Entschuldigung oder Rücktritt


Seit 33 pausenlos in Sorge um Deine innere SicherheitDie Medizinische Flüchtlingshilfe Bochum und die Kampagne „Gerechtigkeit heilt – Der internationale Kampf gegen Straflosigkeit“ fordern eine öffentliche Entschuldigung und Richtigstellung durch den Ministerpräsidenten Oettingers und anderenfalls seinen Rücktritt. Ein solcher Ministerpräsident sei nicht tragbar: „Eigentlich wäre das Ereignis keiner Rede wert gewesen. Ein furchtbarer Jurist ist von uns gegangen und hat keine Lücke hinterlassen. Stattdessen ist der ehemalige NS-Marinerichter und Ministerpräsident von Baden Württemberg Hans Filbinger wieder in aller Munde. Die Rehabilitierung Filbingers begann an seinem Grab. Dort relativierte der heutige baden-württembergische Ministerpräsident Oettinger in seiner Grabrede die Verbrechen, die sein Vorgänger Filbinger während seiner Amtszeit als NS-Marinerichter begangen hatte.
Vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte ist die Rede Oettingers eine Beleidigung für die Überlebenden und Angehörigen von Opfern des NS-Regimes, insbesondere für die Deserteure, die von Urteilen, wie jenen, an denen Filbinger beteiligt gewesen war, betroffen waren. Sie und diejenigen, die dem Nationalsozialismus wirklich widerstanden haben, sind es, die die Anerkennung der Gesellschaft verdienen und nicht Scharfrichter wie Filbinger und sein Grabredner Oettinger.
Mit seiner Rede Relativierung scheint Oettinger einen kollektiven Gedächtnisschwund herbeireden zu wollen. „Eine Gesellschaft ohne Gedächtnis“, sagt Bianca Schmolze, „ist eine Gesellschaft, die blind ist gegenüber ihrer Vergangenheit und Gegenwart und die Gefahr läuft, in der Zukunft die Fehler und Verbrechen zu wiederholen, die sie verdrängt hat.“
Im Rahmen der Kampagne „Gerechtigkeit heilt“ hat sich erwiesen, dass in zahlreichen Ländern Richter vom Zuschnitt eines Filbinger dazu beitragen, dass Unschuldige vor Gericht gestellt, verurteilt, gefoltert, vergewaltigt oder sogar hingerichtet werden. Und denen, die ihnen entkommen, bleibt nicht selten nur die Option zur Flucht. Nicht wenige von ihnen gehören zu jenen Menschen, mit denen die Medizinische Flüchtlingshilfe täglich arbeitet. Der internationale Kampf gegen Straflosigkeit strebt nach der weltweiten Einhaltung internationaler Menschenrechts- und Justizstandards, um einen Missbrauch der Justiz durch Diktaturen oder andere repressive Regime zu vermeiden. Sie wendet sich daher nachdrücklich gegen furchtbare Juristen wie Filbinger und versucht dazu beizutragen, dass jene, die für Verbrechen gegen die Menschheit Verantwortung tragen, ihrerseits vor Gericht gestellt und in einem rechtsstaatlichen Prozess zur Verantwortung gezogen werden. Die deutsche Nachkriegsgeschichte ist über Jahrzehnte durch ihre personellen Kontinuitäten zum nationalsozialistischen Verbrecherregime geprägt gewesen. Dies gilt auch für die Justiz. „Doch nur ohne solche Richter kann es Gerechtigkeit geben“, bekräftigt Bianca Schmolze. Nach dem „Nie Wieder“ von 1945 wurden solche Kontinuitäten nur möglich durch Leute, die wie Oettinger Schönfärberei betrieben haben und heute noch betreiben. Ein solcher Ministerpräsident ist nicht tragbar. Daher fordert die Kampagne „Gerechtigkeit heilt“ eine öffentliche Entschuldigung und Richtigstellung durch den Ministerpräsidenten und anderenfalls seinen Rücktritt.