Pressemitteilung der Freien Uni Bochum vom 22.10.2006
Sonntag 22.10.06, 12:48 Uhr

„Elitärer Größenwahn“ des neuen RUB-Rektors


Freie Uni Bochum weist Fusionsvorschläge zur „Ruhrgebietsuni“ scharf zurück
Noch nicht mal einen knappen Monat im Amt, hat sich der neue Rektor der Ruhr-Universität Bochum (RUB), Prof. Dr. Elmar Weiler, durch seinen übereifrigen Vorstoß zu einer „Zusammenlegung aller Universitäten im Ruhrgebiet“ (WAZ, 21./22.10.06, S. 1) disqualifiziert. So weisen die Aktiven des Protestkomitees gegen Studiengebühren sowie der im Sommersemester ausgerufenen Freien Universität Bochum (FUB) die Äußerungen des RUB-Rektors scharf zurück: „Weilers Vorstellungen von einer Fusion der drei noch bestehenden großen Revier-Unis – Dortmund, Bochum und Duisburg-Essen – zu einer einzigen Massenhochschule sind ein Produkt elitären Größenwahns und gehen völlig an den Studierendeninteressen vorbei“, so Moritz Schulte (FUB).
Bereits die äußerst problematische Zusammenlegung der Universitäten Duisburg und Essen hat gezeigt, dass im Zuge einer solchen rigiden Maßnahme nicht nur viele Beschäftigte freigesetzt und ganze Fachbereiche an einem der fusionierten Standorte gestrichen werden, sondern auch die Interessen der Studierenden auf der Strecke blieben: „Es kann nicht Sinn einer hochschulischen Ausbildung sein, künftig einen Großteil der Studienzeit im Stau oder in überfüllten öffentlichen Verkehrsmitteln zwischen Dortmund und Duisburg zu verbringen, um bestimmte Fächerkombinationen überhaupt noch belegen zu können, die heute an einem einzigen Standort studierbar sind“, so Schulte weiter.
Die Äußerungen des neuen Bochumer Rektors beruhen zudem offenbar auf einem grundlegenden Missverständnis des Gründungsgedankens der Universitäten im Ruhrgebiet, die Kindern aus Arbeiterfamilien neue Lebenschancen geben sollten. Weilers Geißelung der Ruhrgebietsunis als reine „Massenausbildungsstätten“ widerspricht jenem Gründungsethos und greift ganz offensichtlich zu kurz. „An die Stelle des Konzepts der Breitenbildung darf nicht die ausschließlich auf ökonomischen Nutzen ausgerichtete Ideologie einer Elitenbildung an den Hochschulen treten“, hält Moritz Schulte den Äußerungen des RUB-Rektors entgegen.
Noch besorgniserregender als die haarsträubenden Vorstellungen eines einzelnen Rektors sind die aktuellen Pläne der Landesregierung. Diese will am kommenden Mittwoch das äußerst umstrittene „Hochschulfreiheitsgesetz“ (HFG) verabschieden. „Was die verantwortlichen Politiker mit dem HFG in die Wege leiten wollen, ist eine umfassende Entdemokratisierung und Ökonomisierung sowie ein damit einhergehender Stellenabbau“, so Katharina Teiting vom Protestkomitee gegen Studiengebühren. In diesem Zusammenhang weisen das Protestkomitee und die Freie Uni Bochum auf die am Mittwoch, den 25.10., ab 12 Uhr stattfindende Demonstration gegen das HFG in Düsseldorf hin (Treffpunkt: Düsseldorf Hbf).
Auch wenn das Rektorat der Ruhr-Universität die gestiegene Anzahl von Neueinschreibungen in diesem Wintersemester als Argument für Studiengebühren auslegt und damit den Abschreckungseffekt der Gebühren zu vertuschen sucht, überzeugt ein Blick über den Tellerrand vom Gegenteil: In Nordrhein-Westfalen haben sich zu Semesterbeginn rund 3500 (etwa 5.3%) weniger Menschen für die Aufnahme eines Studiums entschieden. Bei derartigen Zahlen räumt selbst „Innovationsminister“ Pinkwart die kausale Verknüpfung mit den in fast ganz NRW eingeführten Gebühren ein. „Die Ursache für die gestiegenen Zahlen an der RUB ist viel eher mit der durch den Widerstand der Studierenden hinausgezögerten Entscheidung für die Studiengebühren in Verbindung zu bringen“, erläutert Teiting.
In diesem Zusammenhang ist das Positivbeispiel der Kunstakademie Düsseldorf hervorzuheben: Als bislang einzige Hochschule in NRW hat sich die Kunstakademie der politischen Erpressung durch die Landesregierung nicht gebeugt und Studiengebühren abgelehnt. Dort überwiegt offenbar die Erkenntnis, dass wissenschaftliche Fähigkeiten und insbesondere Kreativität nichts mit dem finanziellen Hintergrund der Studierenden zu tun haben.