Montag 18.09.06, 22:30 Uhr
Senat stimmt für Gebühreneinführung

Weiter kämpfen mit Gebührenboykott – „Wir zahlen nicht!“


Polizeiübergriffe„Ab heute ist es amtlich. Ein Studium an der Ruhr Universität (RUB) soll von nun an nicht mehr unter mehreren Tausend Euro zu haben sein. Mit 15 zu 9 Stimmen und einer Enthaltung votierten die SenatorInnen für die Gebührenerhebung von 500 Euro ab dem ersten Semester,“ schreibt der AStA in seiner Pressemitteilung vom Montag.
Über zehn Stunden lang haben mehrere hundert Studierende lautstark auf dem Campus gegen die geplanten Gebühren protestiert. In mehreren Redebeiträgen wurden wiederholt die unsozialen Auswirkungen der Gebühreneinführung dargelegt und massiv kritisiert. „Mut zum Nein!“ so lautete ein Schlagwort der DemonstrantInnen, die teilweise bis zuletzt auf eine späte Einsicht und einen Sieg der Vernunft bei der Mehrheit der insgesamt 25 SenatorInnen gehofft hatten. Der Senat ließ sich in seiner nicht öffentlichen Sitzung hermetisch von der Polizei abriegeln. „Dass aber nicht einmal Medienvertreter, die bekanntlich nicht im Ruf stehen, öffentliche Sitzungen zu sprengen, von der Senatssitzung ausgeschlossen wurden, muss als Zeichen einer Wagenburgmentalität ausgelegt werden, die einer Universität unwürdig ist,“ kommentieren die Ruhrnachrichten den Vorgang in der heutigen Ausgabe.
Überschattet wurden die Proteste an der RUB von einem unverhältnismäßig harten Einsatz der Polizei. So hatte der Kanzler der RUB bereits im Vorfeld der Senatssitzung das Hausrecht der Polizei übergeben, die von diesem Recht mit brachialer Gewalt gegen die Protestierenden Gebrauch machte. Bei den Auseinandersetzungen kam es unter den Studierenden zu Verletzten. Als „völlig inakzeptabel“ bezeichnen das Bochumer Protestkomitee und das bundesweite ‚Aktionsbündnis gegen Studiengebühren‘ (ABS) das Verhalten der Polizei während der Senatssitzung (siehe Pressemitteilung Protestkomitee und Aktionsbündnis gegen Studiengebühren). Wiederholt haben Protestkomitee und ABS Polizeiübergriffe auf friedliche DemonstrantInnen dokumentiert. Die Bundestagsabgeordneten Sevim Dagdelen und Cornelia Hirsch (Linkspartei.PDS), die Augenzeuginnen der polizeilichen Gewaltausbrüche waren, haben eine Dienstaufsichtsbeschwerde angekündigt (siehe Pressemitteilung von Sevim Dagdelen und Nele Hirsch: „Unverhältnismäßiger Polizeieinsatz bei Studierendenprotesten gegen Gebühren in Bochum“). „Für diese gewalttätigen Polizeiausschreitungen ist das Rektorat mitverantwortlich. Nach der wahnwitzigen Ankündigung von Rektor Gerhard Wagner, den Protest von der Polizei gewaltsam beenden zu lassen, wenn er zu laut werde, waren die Beamten sichtlich enthemmt“, so ein Sprecher des Protestkomitees.
Trotz des katastrophalen Ergebnisses der Senatssitzung wollen die Studierenden weiter kämpfen. „Zurzeit planen wir, uns an der überregionalen Kampagne zum Boykott von Studiengebühren zu beteiligen“ sagt Dominik Ruppenthal, AStA-Referent für Hochschulpolitik. Denn: „Studiengebühren zerstören Bildungsbiographien und schließen Menschen aus sozial schwächeren Schichten von einem Hochschulstudium aus“, so Ruppenthal weiter. Ein Boykottmodell existiert schon: Statt der Hochschule das Geld zu zahlen, sollen die Studierenden motiviert werden, die Studiengebühren auf ein Treuhandkonto zu überweisen. Beteiligen sich eine bestimmte Anzahl der eingeschriebenen Studierenden (zum Beispiel 25 Prozent), dann wird das Geld nicht an die Uni weiter überwiesen. „Die Ruhr-Uni kann es sich nicht leisten, auf einen Schlag ein Viertel aller Studierenden zu verlieren. Dann muss eine politische Lösung her, und über die Gebühren wird neu verhandelt“, ist sich Katharina Teiting vom Protestkomitee sicher.
Pressemitteilungen im Wortlaut:
AStA, Protestkomitee und Aktionsbündnis gegen Studiengebühren, Sevim Dagdelen und Cornelia Hirsch (Linkspartei.PDS), Linkspartei.PDS in Bochum