Freitag 26.01.18, 16:12 Uhr
Ausstellung:Entartete Musik im NS-Staat

Das verdächtige Saxophon


Das Kulturhistorische Museum Haus Kemnade zeigt vom 28. Januar bis zum 4. März die Ausstellung „Das verdächtige Saxophon. „Entartete Musik“ im NS-Staat“ des Musikwissenschaftlers Dr. Albrecht Dümling. Sie bezieht sich auf die vor 80 Jahren gezeigte Propaganda-Schau „Entartete Musik“ und bezieht auch die Reichsmusiktage als ihren Rahmen mit ein. Am Sonntag,  den 28. Januar um 11 Uhr eröffnet Kurator Dr. Albrecht Dümling die Ausstellung und führt in das Thema ein. Hartmut Beifuß sorgt für die musikalische Begleitung. Der Eintritt ist frei.
In der Ankündigung heißt es: »Im Jahr 1938 eröffnete Hans Severus Ziegler im Kunstpalast Düsseldorf die Ausstellung „Entartete Musik“. Sein nicht unumstrittenes Machwerk orientierte sich an der Münchener Ausstellung „Entartete Kunst“, die im Jahr zuvor der Öffentlichkeit präsentiert wurde und bestimmte Stilrichtungen sowie Künstler schmähte und verfemte. H. S. Ziegler war kein Musiker sondern Generalintendant des Deutschen Nationaltheaters in Weimar. So übertrug er das in München zur Schau Gestellte auf die Musik: seine Präsentation stellte „Undeutsches“ an den Pranger und stufte jüdische Operetten- und Schlagerkomponisten, atonale Werke und den Jazz als „artfremd“ ein. Seine Ausstellung wurde im Rahmen der ersten Reichsmusiktage gezeigt, die am 125. Geburtstag Richard Wagners im Mai 1938 eröffnet wurden.

Für die Nationalsozialisten war die Machtergreifung 1933 der Beginn eines politischen wie kulturellen Umsturzes. Die Vielfalt, die sich in der Weimarer Republik entwickelt hatte und das Leben der goldenen Zwanziger Jahre, das sie als dekadent, unmoralisch und defizitär verstanden, wollten die Nationalsozialisten beenden. Musik und Musikern, die nicht dem eigenen Ideal entsprachen, wurden diffamiert, geschmäht und verfemt.

Ziegler zufolge hat sich das Musikleben der Weimarer Republik durch „fremdrassige“ Einflüsse, zu denen er auch das Eindringen der „Negerkultur“ in Jazz, Swing und Schlager zählte, zersetzt. Solche Musikstile waren in Hitler-Deutschland ideologisch verpönt und man brandmarkte sie als undeutsch. Im klassischen Musikbetrieb hat sich das Saxophon nie wirklich etablieren können, aber das Instrument ist aus Swing und Jazz kaum fortzudenken. Ein schwarzer Jazzmusiker, Titelfigur der Oper „Jonny spielt auf“ von Ernst Krenek, galt in der Düsseldorfer Ausstellung als Symbol von „Entartung“ und mit ihm sein Saxophon.

Für noch gefährlicher hielt Ziegler den Einfluss der deutschen Juden auf die Musik. Und so galt seine Hetze bestärkt durch die „Rassengesetze“ „nichtarischen“ Musikern wie Arnold Schönberg, Kurt Weill und Hanns Eisler. Aber die Verfolgung richtete sich auch auf „arische“ Komponisten, die – wie etwa Paul Hindemith, Ernst Krenek, und Alban Berg – engen Umgang mit Juden hatten oder mit einem jüdischen Partner verheiratet waren.

Die aktuelle Ausstellung ist eine kommentierte Rekonstruktion jener Schau und verwendet neben der Ziegler-Rede zeitgenössische Zeitungsartikel sowie einige Fotos von der damaligen Präsentation als Quellen. Darüber hinaus stellt sie auch Einzelschicksale verfolgter Musiker vor und schlägt den Bogen ins Hier-und-Heute, indem prominente Komponisten der Gegen-wart mit Stellungnahmen zum damaligen wie heutigen Umgang mit unbequemer, nicht leicht zu verstehender neuer Musik zu Wort kommen.

Interessierte können einen Audioguide für den Ausstellungsbesuch im Museum entleihen. Zur Ausstellung ist ein Katalog zum Preis von 29,90 Euro im Museum erhältlich. Auch eine Tondokumentation zur Ausstellung (Vier CDs mit ausführlicher Erläuterung auf zwei Booklets) ist für 35 Euro erhältlich. Diese gibt es auch in englischer Sprache. Die Ausstellung wird von einem umfangreichen Veranstaltungsprogramm begleitet. Insbesondere widmen sich drei Kammerkonzerte den Werken verfemter Komponisten.«

Die Ausstellung ist  dienstags bis sonntags von 11 bis 17 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei.