Dienstag 20.12.16, 09:08 Uhr
Elke Steven berichtete über Demonstrationsbeobachtungen

Von Kesseln und Menschenrechten


Gestern Abend trat zum ersten Mal die „Bochumer Initiative Polizeibeobachtung“ an die Öffentlichkeit. Zusammen mit dem Bochumer Bündnis gegen Rechts hatte die Initiative zu einer Veranstaltung unter dem Motto „Unsere Polizei verdient mehr Beobachtung“ eingeladen. Anlass für die Gründung der Initiative waren die massiven Übergriffe der Polizei auf BürgerInnen, die am 1. Mai und am 19. Juni diesen Jahres gegen Nazi-Auftritte in Bochum demonstrierten. So wurden am 1. Mai mehrere hundert DemonstrantInnen stundenlang in einem Polizeikessel gefangen gehalten. Elke Steven vom Komitee für Grundrechte und Demokratie schilderte eine Vielzahl von Fällen, in denen solche Polizeikessel immer wieder von Gerichten als rechtswidrig eingestuft wurden, ohne dass die Polizei hieraus Konsequenzen gezogen hat. Den betroffenen Opfer dieser Polizeiwillkür seien bis zu 500 Euro Schmerzensgeld zugesprochen worden. Die Verantwortlichen der Polizei seien allerdings nie wegen Freiheitsberaubung bestraft worden.
Unterschiedlich wurde eine aktuelle Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerG) eingeschätzt. Es hatte einen Polizeikessel bei einer Blockupy-Demonstration in Frankfurt für rechtmäßig erklärt. Elke Steven kritisierte das Urteil, weil die RichterInnen die Polizeiberichterstattung über die Demonstration völlig unüberprüft übernommen haben. Selbst die Bildzeitung und die FAZ hätten damals das Vorgehen der Polizei als völlig überzogen kritisiert. Amtsrichter a.D. Ralf Feldmann schätzte das Urteil durchaus als positiv ein, weil es die bisherige Rechtssprechung des BVerG bekräftigt habe und Polizeikessel nur in äußerst extremen Ausnahmefällen für rechtmäßig erklärt habe. Ein solcher Fall hätte in Bochum unter keinen Umständen vorgelegen.
Im zweiten Teil des Abends berichtete Elke Steven über ihre Erfahrungen bei Demonstrationsbeobachtungen und gab praktische Hinweise, was die Initiative bei ihrer Arbeit beachten sollte. Hierbei gibt es recht unterschiedliche Erfahrungen, in wie weit technische Hilfsmittel wie Twitter oder Videos dabei erfolgreich eingesetzt werden können und auch sollten. Die Arbeit von DemonstrationsbeobachterInnen werden in den meisten Fällen von der Polizei respektiert, so Elke Steven. Sie berichtete auch von einer Konferenz des Büro für demokratische Institutionen und Menschenrechte (ODIHR) der OSZE, die in der vergangenen Woche in Wien stattgefunden hatte. Hier sei noch einmal unterstrichen worden, dass das Versammlungs- und Demonstrationsrecht zu den elementaren Menschenrechten gehöre. Dabei sei auch die Bedeutung der Demonstratiuonsbeobachtung und -dokumentation betont worden. Hierauf sollten man sich in Zukunft durchaus berufen.
Die Bochumer Initiative Polizeibeobachtung trifft sich das nächste Mal am Mittwoch, den 11. Januar um 19 Uhr in der Gaststätte Neuland in der Rottstraße. Für den 18. Januar ist ein Vortrag von Rolf Gössner geplant.
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