Freitag 20.09.13, 20:53 Uhr

Die CDU, die Polizei und ein erfundener Straftatbestand der Verunglimpfung 3


Kinder für die Bundeswehr: Für Kriege weltweit

Seit zehn Tagen stehen Mitglieder des Friedensplenums neben den Wahlkampfhütten von SPD, CDU und Grüne und protestieren mit Transparenten dagegen, dass die drei Parteien erneut die Verwaltung beauftragen wollen, die Bundeswehr zur Berufsbildungsmesse einzuladen.  Die CDU rief heute die Polizei und erstattete Strafanzeige. Die Polizei erschien tatsächlich mit dem zuständigen Einsatzleiter und drei weiteren BeamtInnen. Zunächst wollte die Staatsgewalt einen Verstoß gegen das Versammlungsrecht feststellen. Die Aktion wurde aber nur von zwei Personen durchgeführt. Die herrschende Rechtsprechung geht davon aus, dass eine Versammlung erst ab drei Personen angemeldet werden muss.  Nach ein paar Minuten wechselte der Polizeibeamte die Argumentation und stellte fest, dass eine dritte Person neben dem Transparent gestanden habe. Als ihm erklärt wurde, dass es sich um Christoph Nitsch handelt, der im Lokalkompass des Stadtspiegels gestern über einen Übergriff der Grüne auf das Friedensplenums berichtet hat und der heute die Aktion begleitet, um gegebenenfalls erneut darüber zu berichten, ließ der Beamte das nicht gelten. Er dürfe ihn auch nicht bei seinem Einsatz fotografieren. Außerdem läge eine Strafanzeige wegen Verunglimpfung vor und das Transparent müsse als Beweismittel sichergestellt werden. Der im politischen Strafrecht nicht ganz unerfahrene Friedensaktivist versicherte, dass es keinen solchen Straftatbestand der Verunglimpfung gibt.
Der Bundespräsident, Verfassungsorgane und auch das Andenken von Verstorbenen werden z. b. durch Strafandrohungen vor Verunglimpfungen geschützt. Für Parteien gibt es keinen solchen Paragrafen. Außerdem entspricht der Text auf dem Transparent der Wahrheit. Der Polizist blieb bei seiner Behauptung, dass das Transparent eine strafbare Verunglimpfung darstelle. Auf die Bitte, er möge einen Juristen im Polizeipräsidium anrufen und sich vergewissern, ob es einen solchen Paragrafen wirklich gäbe, stellte er fest, dass er der Einsatzleiter sei und das entscheiden könne. Den beiden Mitgliedern des Friedensplenums war klar, dass sie gegenüber einer solchen Maßnahme ohnmächtig sind. Freitag Nachmittag um 16.30 Uhr ist es ziemlich ausgeschlossen noch eine Gerichtsentscheidung auf Herausgabe des Transparentes zu bewirken. Der Trost:  Das Transparent sollte ohnehin nur Morgen noch einmal eingesetzt werden. Und: In anderen Ländern wird man  zusammengeschlagen und/oder festgenommen, wenn man die Obrigkeit provoziert. Im internationalen Vergleich war das ganze also eine zivilisierte Form von Polizeiwillkür. JuristInnen zeigten sich anschließend etwas entsetzter: Wenn Polizisten Straftatbestände erfinden können, auf deren Grundlage sie dann z. B. das Grundrecht auf Meinungsfreiheit einschränken, dann sei die Verfassung des Staates in keinem guten Zustand.


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