Jede Stadt ist an verschiedenen Tochtergesellschaften beteiligt. Nicht selten zu 100 Prozent, manchmal auch weniger. Die Stadt Bochum hat über 50 Tochtergesellschaften. Manche davon werfen Gewinn ab – allen voran die Sparkasse und die Stadtwerke. Das freut die Kämmerin. Andere machen Verluste, zum Beispiel die Verkehrsbetriebe, in Bochum BoGeStra geheißen. Deren Verluste werden durch die Gewinne der anderen zumindest teilweise ausgeglichen. Und dann gibt es noch Töchter, bei denen muss sich eine Stadt entscheiden, ob sie nun Gewinn bringen sollen, um mitzuhelfen, das Finanzloch zu stopfen, oder ob darauf verzichtet wird, um einkommensschwache Bürger:innen zu entlasten. Dazu können zum Beispiel Wohnungsunternehmen gehören. Bochum hat eine solche Wohnungs-Tochter, VBW mit Namen. Und hat diese Frage schon vor Jahren entschieden.
Die VBW (Vereinigte Bochumer Wohnstätten) gehört der Stadt „nur“ zu knapp 80 Prozent. Aber das reicht für eine 3/4-Mehrheit im Aufsichtsrat – also für eine Mehrheit, die alles beschließen kann, was sie für richtig hält. Für eine „Sperrminorität“ bräuchten die anderen Anteilseigner mindestens 25 Prozent. Die hat niemand, auch nicht die Vonovia, der fast die ganzen anderen 20 Prozent der Anteile gehören.
So ist es nicht verwunderlich, dass der sogenannte „Wirtschaftsplan“ der VBW – also der Plan, der festlegt, welches Jahresergebnis das Unternehmen erwirtschaften soll – alljährlich im Rat der Stadt Bochum beschlossen wird. In dem hat Rot-Grün seit 26 Jahren eine Mehrheit. Und beschließt Jahr für Jahr, dass die VBW satte Gewinne – mehrmals 7 Mio. € / Jahr – machen und davon an Ihre Eigentümerinnen eine Dividende von 3 Mio. € ausschütten soll. Zuletzt geschehen auf der Ratssitzung am 3. April 2025 – wie jedes Jahr zuvor auch. Für die Kämmerin sind das 2,4 Mio. € jährlich – zum Löcher stopfen.
Wie erwirtschaftet ein Wohnungsunternehmen Gewinne? Richtig: Durch die Mieten! Der Mieterverein, der die Gewinnausschüttungen der VBW seit Jahren heftig kritisiert, hat ausgerechnet, dass jede freifinanzierte Miete dieses Unternehmens 40 € niedriger sein könnte, wenn die Stadt auf diese Dividende verzichten würde. Monat für Monat für Monat. Fast 500 € im Jahr.
Eine Zeitlang musste sich die VBW offenbar ganz schön strecken, um die gesteckten Ziele zu erreichen. Denn die Erfahrungen des Mietervereins an der Brückstraße zeigten: Jedesmal, wenn ein neuer Mietspiegel in Kraft trat, war die VBW die erste, die mit Mieterhöhungen kam, noch vor den vielgeschmähten „renditegetriebenen“ Unternehmen wie Vonovia und LEG. Und stets schöpfte sie dabei den Rahmen des Mietspiegels bis zum letzten Cent aus. Als der Mietspiegel noch Preisspannen auswies, verlangte sie bei Mieterhöhungen sogar die Obergrenze der Preisspanne, ohne dafür irgendwelche Gründe nennen zu können – was der Bochumer Mietspiegel nicht erlaubte. Insider berichten, dass diese Praxis der VBW – nachgeahmt von der LEG – der Grund dafür war, warum der Bochumer Mietspiegel jahrelang keine Preisspannen auswies.
Das ist zum Glück Vergangenheit. Inzwischen ist die VBW wirtschaftlich so gesund, dass sie sogar 9,4 Mio. € Gewinn erwirtschaften kann, ohne dafür die Vorreiterrolle bei Mieterhöhungen spielen zu müssen. Geblieben sind die 3 Mio. € Ausschüttung – und damit auch die 40 € pro Monat, die jede freifinanzierte VBW-Wohnung teurer ist, als sie sein müsste.
Wichtige Links in Bochum:
Mieterverein
Die Serie „Das war Rot-Grün in Bochum“ wird hier dokumentiert
Ist das jetzt die Absolution für den Mieterverein? Wer hat denn mit der Stadt Bochum jahrelang gemauschelt und den Mietpreisspiegel „zusammen erarbeitet“ und somit der VBW die Grundlage für diese Mieten gemacht?
Das ist ja mal eine spannende Definition: Ein Mieterverein, der seine Aufgabe, Mieterinteressen zu vertreten, auch im Arbeitskreis Mietspiegel wahrnimmt, macht sich der Mauschelei schuldig?! Du scheinst der Meinung zu sein, der Mietspiegel wäre (aus Mietersicht) ein besserer geworden, wenn der Mieterverein sich nicht an seiner Erstellung beteiligt und Stadt, Haus+Grund und Wohnungsunternehmen die Sache ohne Mietervertretung hätte machen lassen. Abenteuerlich!
Aichard