Freitag 02.08.24, 13:43 Uhr

Zweiter Tatverdächtiger für dem Säureanschlag festgenommen 4


Staatsanwaltschaft und Polizei in Bochum haben vorgestern in einer Pressemitteilung über die Festnahme eines zweiten Mannes im Zusammenhang mit dem Säure-Attentat in der Oskar-Hoffmann-Straße informiert. „Der 36-jährige Deutsche steht im Verdacht, den Haupttatverdächtigen (43, Bergkamen) am 30. Juni zum Tatort gefahren zu haben.“ Zum Hintergrund der Tat wurde weiterhin nichts mitgeteilt. Wenn sich der bisherige Verdacht der Polizei bestätigen sollte, dass mindestens zwei Täter aus den Nachbarstädten Lünen und Bergkamen ein Attentat mit Säure vorbereitet haben und nach Bochum gefahren sind, um hier vor einem Szene-Café einen migrantischen Gast lebensgefährlich zu verletzen, dann liegt der Verdacht sehr nahe, hier liegt ein rassistisch motiviertes Verbrechen vor.

Bis zur Festnahme des zweiten Tatverdächtigen war es verständlich, wenn sich Polizei und Staatsanwaltschaft nicht zum Hintergrund äußern wollten, weil sie erfreulicher Weise dieses Mal nicht – wie leider allzu oft – von einem verwirrten Einzeltäter ausgingen, sondern das Umfeld des Tatverdächtigen erforschten. Seit der zweiten Festnahme weiß dieses Umfeld, dass es im Visier von Ermittlungen steht. Es gibt jetzt keinen Rechtfertigung mehr, die Öffentlichkeit nicht über den Stand der Erkenntnisse, mögliche Motive und Verbindungen zu informieren.

Wenn die bisherigen Ermittlungen Hinweise ergeben habe, dass der naheliegende Verdacht eines rassistisch motivierten Verbrechens falsch ist, wäre es ebenso wichtig, dies auszuräumen.


4 Gedanken zu “Zweiter Tatverdächtiger für dem Säureanschlag festgenommen

  • Azzoncao, ein Polit-Café

    Gerüchteküche? Nein Danke!
    Unsere Gruppe besteht seit 18 Jahren. Und sie steht nicht im Ruf ein unkritisches Verhalten zu bundesdeutschen Behörden zu pflegen. (Siehe Josef Gera: https://www.bo-alternativ.de/2021/10/24/dokumentation-zum-mord-an-josef-anton-gera) Deswegen verstehen wir Kritik an der Polizei – fallbezogen, wie institutionell. Diese hier geäußerten Gerüchte halten wir aber nicht für förderlich, da sie neben den bestehenden Sorgen und Ängsten der Angestellten, BesucherInnen und weiteren Kreisen noch für eine politische Aufladung sorgen. Diese ist zwar verständlich, aber in ihrer dünnen Faktenlage und interpretationssüchtigen Haltung beunruhigt sie nur.

    Ignoranz gegenüber Rassismus und Faschismus bei Ordnungs- und Verfolgungsbehörden, Sympathien oder aktive Teilnahme an rechtsextremen Bestrebungen aus diesen Behörden heraus sind so alt wie diese Republik und mit dem anstehenden Systemwechsel von einer liberalen zu einer illiberalen Demokratie via AfD ein systemimmanenter Faktor. Aber aus der, in vielen Fällen beruflich auch zu rechtfertigenden, Intransparenz polizeilichen Vorgehens, sowie rechtsoffenen und oftmals rassistischen Grundhaltung vieler PolizistInnen den Umkehrschluss zu ziehen, dass der Säureangriff am 30. Juni 2024 rassistisch motiviert sei? Das allein aus der Tatsache heraus, dass die am meisten betroffene Person tunesischer Abstammung ist?
    Wir erinnern uns an den Fall des Brandanschlags auf die Pizzeria „Bella Bellissimo“ auf der Kaltehardstraße in Bochum-Langendreer in der Nacht auf den 25. Oktober 2011. Damals fiel der Verdacht auch auf Mitglieder der örtlichen Naziszene. Vor allem, weil einige Nazis im Nachbarhaus wohnten und es schon diverse Bedrohungen gegen die MigrantInnen gegeben hatte. Am 10. Oktober 2013 endete ein Prozess vor der 3. Strafkammer des Bochumer Landgerichts (3 KLs 9/13). Der Richter Johannes Kirfel verurteilte den Pizzeria-Betreiber und weitere Personen wegen Brandstiftung und Versicherungsbetrug. Nicht die Nazis waren die Täter gewesen, sondern die Opfer hatten ihre Bedrohungslage zu einem Versicherungsbetrug genutzt. (https://linksunten.archive.indymedia.org/node/97228/index.html)
    So wie damals der Großteil der antifaschistischen Szenerie Bochums den Verdacht gegen die Nazis äußerte, sich aber weder bei den Brandopfern sehen ließ, noch Recherchen anstellte und schlussendlich auch nicht im Gericht zu einer Prozessberichterstattung erschien – das spiegelte ihre Ernsthaftigkeit und Integrität wieder.
    Aus dem „Fräulein Coffea“ ein Szene-Cafè zu machen ist zudem schräg. Für welche Szene soll das Cafè stehen? Habt Ihr mal die BetreiberInnen befragt? Was halten diese von dieser politischen Vereinnahmung? Für welche „Szene“ wollen diese und auch ihre Gäste stehen?
    Über die Hälfte der Bedienungen hat nach der Säureattacke gekündigt. Alle die, die die Säureattacke erlebt haben. Sie sind von der plötzlich auf sie einstürmenden Gewalt traumatisiert. Darüber wie es den betroffenen Menschen geht findet sich auf bo-alternativ nichts. Lediglich ein Verweis auf die Spendenaktion der AWO zu Gunsten des Hauptbetroffenen.
    Opferperspektive – Was ist das?
    Solidarisierung – Wie das denn?
    Aber politische Instrumentalisierung – geht immer!

  • Andreas

    Mensch muss sich nicht den Stil des Kollegen vom „Polit-Cafe Azzoncao“ zu eigen machen, um zumindest in einem Punkt zuzustimmen, dass es schon sehr, sehr spekulativ ist, aus der Tatsache, dass das am schwersten betroffene Opfer einen tunesischen Pass hat, einen rassistisch motivierten Anschlag zu vermuten. Gesellschaft ist heutzutage nun mal glücklicherweise vielfältig.

    Tatsächlich gibt es in einem Teil der Coffea-Szene noch eine ganz andere Hypothese, die in eine andere Richtung geht und die ich für durchaus realistisch halte, aber es verbietet sich hier, darüber zu spekulieren, weil es eben nur eine Hypothese ist. Sollte die Polizei, wovon ich ausgehe, auch in diese Richtung ermitteln und sich dies dann als falsche Spur erweisen, dann würden einige Leute allein durch eine „Veröffentlichung von möglichen Motiven und Verbindungen“ zu Unrecht diskreditiert.

    Also bitte keine Schnellschüsse, auch wenn sie gut in das eigene Wahrnehmungsmuster passen.

    • Conny

      Azzonaco hat in einem Moment, in dem viele Spekulationen das Infovakuum zu diesem Fall füllen, einen neutralen und übergreifend rationalen Blickwinkel angeboten, den Du mit weiteren, fadenscheinigen und mit Spekualtionspotential befüllten Andeutungen konterst?

      So als Ruhri.. weisste, entweda packste Butter bei die Fische, oder hälste bessa die Füße still! ;-)

      • Andreas

        Nö, eben keine „Butter bei die Spekulationsfische“. Aber ich weise darauf hin, dass es eben noch mehr Hypothesen gibt, als die eine im ursprünglichen Beitrag und ich habe geschrieben, warum ich es besser finde sich a) nicht auf eine Hypothese festzulegen und b) nicht alle Hypothesen in der Öffentlichkeit auszubreiten.
        Auch als Ruhri bin ich nicht unbedingt ein Freund von „entweda packste Butter bei die Fische, oder hälste bessa die Füße still!“ Nur weil dat ein typischa Ruhrispruch is, muss der nich stimmen.

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