Die Rede der Seebrücke Bochum auf der heutigen Demonstration „Nieder mit der AFD!“: »Deportationspläne, die beim Treffen von Identitären, Politiker:innen der AfD und der CDU sowie anderer völkischer Rechtsextremen durch die Recherche von Correctiv veröffentlicht wurden, sind entsetzlich. Die faschistischen Pläne sehen vor, zuerst Geflüchtete, dann Menschen mit regulärem Aufenthaltsrecht und im weiteren Schritt auch Menschen mit deutscher Staatsbürgerschaft, die nicht in die Vorstellungen eines ‚deutschen Volkskörpers‘ passen, zu deportieren. 25 Millionen Menschen in Deutschland wären davon betroffen. Wir sind heute hier versammelt, weil wir alle gemeinsam gegen diese Pläne und den Faschismus kämpfen wollen. Wir freuen uns, dass so viele heute gekommen. Nie wieder ist jetzt!
Wir als Seebrücke Bochum kämpfen schon lange gegen Abschiebungen, gegen Ausgrenzung, gegen die Entrechtung geflüchteter Menschen. Und wir wissen deshalb, dass die Bekämpfung der AfD und der extremen Rechten allein nicht ausreicht. Denn der Ruf nach mehr Abschiebungen und Abschottung – diesem Ruf folgen Politiker:innen der Ampelregierung und der CDU. Philipp Amthor von der CDU sagte beispielsweise im November letzten Jahres im Zuge einer Debatte zur Migration und doppelter Staatsbürgerschaft im Bundestag, dass sich die Ampel für die „Einbürgerung der Falschen statt auf die Ausbürgerung der Richtigen“ einsetze und brachte dabei den Entzug der deutschen Staatsbürgerschaft bei Doppelstaatlerinnen ins Spiel. Jens Spahn, ebenfalls CDU, fordert, flüchtende Menschen an den Außengrenzen mit „physischer Gewalt“ aufzuhalten. Sein Parteichef Friedrich Merz hetzt durchgehend gegen Geflüchtete und verbreitet Falschbehauptungen über die Gesundheitsversorgung geflüchteter Menschen, die angeblich besser als die für deutsche Staatsbürgerinnen sei. In ihrem aktuellen Entwurf zum Grundsatzprogramm spricht sich die CDU dafür aus, dass Asylverfahren künftig nicht mehr in Deutschland, sondern in sog. sicheren Drittstaaten stattfinden sollen – sie sprechen sich also für eine „Auslagerung“ des Grundrechts auf Asyl aus. Auch die Ampelregierung plädiert geschlossen für mehr Abschiebungen. Olaf Scholz, SPD, sagt im Spiegel: „Wir müssen endlich im großen Stil abschieben“ Ricarda Lang, Vorsitzende der Grünen sagte im September letzten Jahres: „Um zu verringern, dass immer mehr Menschen ankommen und um die Kommunen wirklich langfristig zu entlasten, brauchen wir jetzt die im Koalitionsvertrag verankerten Migrations- und Rückführungsabkommen, die sowohl gesteuerte Migration ermöglichen als auch Rückführungen erleichtern.“ Christian Lindner, FDP, sieht durch „ungesteuerte Migration“ die „Stabilität Deutschlands“ bedroht. Es bleibt nicht bei diesen Aussagen: Die verbale Verrohung hat sich längst schon in reale Politik verwandelt. Dies zeigt sich auch daran, dass in den letzten vier Wochen zwei der größten Asylrechtsverschärfungen der letzten Jahre beschlossen wurden: Ende Dezember gab es eine Einigung über die GEAS-Reform zwischen den Mitgliedsstaaten der EU und dem EU-Parlament. Die Ampelregierung und insbesondere die Grünen hatten im Vorhinein verkündet, sich für menschenrechtskonforme Lösungen stark zu machen. Das Gegenteil ist aber eingetreten: Ein massiver Abbau der Menschenrechte von Geflüchteten in Europa. Schutzsuchende können jetzt nur noch in verkürzten Verfahren in Hot Spots Asyl beantragen. Haftlager, in denen selbst Kinder und Familien festgehalten werden, werden nun bittere Realität. Durch die Reform werden auch Abschiebungen vereinfacht, indem mehr Drittstaaten, die auf den Fluchtrouten der Menschen liegen, als vermeintlich sicher eingestuft werden. Und die Liste der Verschlechterungen durch die Reform ist noch nicht mal vollständig. Außenministerin Baerbock von den Grünen hat diese Reform am Tag nach der Einigung als „notwendig und längst überfällig“ beschrieben. Erst gestern wurde im Bundestag das sogenannte „Rückführungsverbesserungsgesetz“ verabschiedet. Dieses Gesetz beinhaltet, dass Abschiebehaft und Abschiebegewahrsam verschärft werden. Abschiebungen sollen einfacher in der Nacht durchgesetzt werden, Behörden dürfen ohne Prüfung der Verhältnismäßigkeit Mobiltelefone und Datenträger durchsuchen. Geflüchtete erhalten in Zukunft einen erschwerten Zugang zum Gesundheitssystem. Und durch das neue Gesetz können humanitäre Helfer:innen an den Landesgrenzen künftig mit bis zu zehn Jahren Gefängnis bestraft werden. Laut aktuellen Rechtsgutachten droht Helfer:innen, die Minderjährige vor dem Sterben retten also Haft. Was sehen wir also? Menschen werden abgeschoben, entrechtet und sterben politisch gewollt an den Außengrenzen Europas. Wir müssen nicht darauf warten, bis die AfD an der Macht ist – die Entrechtung geflüchteter Menschen ist schon jetzt real. Und deshalb fordern wir euch auf: Wenn wir es ernst meinen, mit einem Kampf gegen Faschismus, mit einem Kampf für Menschenrechte, für eine offene Gesellschaft, für ein gutes Leben für alle, dann müssen wir uns nicht nur den Faschisten entgegenstellen, die stolz darauf sind, Faschisten zu sein. Nein, wir müssen auch dagegen kämpfen, dass die Politik schon jetzt diesen faschistischen Ideen den Weg bereitet und Entrechtung umsetzt. Wir müssen jetzt für die Rechte von Geflüchteten, von Migrant:innen, gegen Rassismus – im Alltag, in der Politik und überall, wo er uns begegnet – entschieden entgegen treten. Wir müssen geschlossen mit aller Entschiedenheit dafür kämpfen, dass die bekanntgewordenen faschistischen Deportationspläne niemals umgesetzt werden können. Dass die AfD und andere Faschist:innen niemals an die Macht kommen. Nie wieder ist jetzt! Organisiert euch, geht weiterhin zu Demos, kommt zu unserer Mahnwache Anfang Februar gegen die Festung Europa, macht mit bei Initiativen, die sich für eine offene und solidarische Gesellschaft einsetzen. Wir freuen uns, dass so viele gekommen sind. Wir sind viele! Aber wir müssen uns immer wieder zeigen. Alle gemeinsam gegen den Faschismus! Vielen Dank!«