Montag 25.09.23, 18:31 Uhr
Bunte Info-Aktion zum „Safe Abortion Day“ in der Bochumer Innenstadt

Aktion für reproduktive Rechte


Foto: Ro Wilhelms

Die Organisator:innen des „Safe Abortion Day“ am vergangenen Samstag ziehen eine positive Bilanz: »Am vergangenen Wochenende lud der „Dyke* March Ruhr“ zu einer abwechslungsreichen Veranstaltung in der Innenstadt ein. Zum internationalen „Safe Abortion Day“, der jedes Jahr am 28. September stattfindet, organisierte die Bochumer Initiative bereits am Samstagnachmittag eine Info-Aktion auf dem Dr.-Ruer-Platz und eine lautstarke Demonstration durch die Fußgängerzone. Kernthema der Aktion: Schwangerschaftsabbrüche, reproduktive Rechte und körperliche Selbstbestimmung.

„Weg, weg mit 218“ skandierten Teilnehmer*innen, als sich der Demonstrationszug über den Bongardboulevard bewegte. Gemeint ist der unrühmliche Paragraph 218 aus dem Strafgesetzbuch. Denn der regelt Schwangerschaftsabbrüche – eine medizinische Leistung – im Strafgesetz. Und kriminalisiert damit automatisch alle Schwangeren, die diese Leistung in Anspruch nehmen wollen oder müssen.

Welche Auswirkungen das auf Schwangere hat, versuchten die Aktivist*innen zu verdeutlichen. „Ein Gesetz aus dem Jahr 1871, aus der Kaiserzeit, das bis heute fast unverändert gültig ist“, so Initiatorin Isabel Sophie Schneider, „das muss man sich wirklich einmal auf der Zunge zergehen lassen“. Sie erklärte weiter: „Der Schwangerschaftsabbruch ist einer der häufigsten gynäkologischen Eingriffe und sollte nicht als Straftat gelten, sondern zur Standardversorgung in der Medizin gehören.“ Der Dyke* March Ruhr machte deutlich, dass gerade die Kriminalisierung dazu führe, dass die Versorgungslage für Schwangere zurzeit so schlecht sei.

Denn es sieht ernst aus, auch in Bochum: Gerade einmal eine Praxis, die Schwangerschaftsabbrüche durchführt, gibt es hier. Ein Großteil der Gynäkolog*innen deutschlandweit, die Abbrüche anbieten, geht in naher Zukunft in den Ruhestand, und es rücken nicht genug junge Ärzt*innen nach, denn: Im Medizinstudium sind Abtreibungen nach wie vor kein fester Bestandteil des Studienplans. Und: Kaum jemand möchte den Schwangerschaftsabbruch unterrichten – viele Dozent*innen haben Angst, damit ihren guten Ruf zu verlieren. In zahlreichen Teilen Deutschlands gibt es inzwischen so wenige Anlaufstellen, dass Schwangere bis zu 200 Kilometer reisen müssen, um abzutreiben. Das setze Betroffene massiv unter Druck. „Schwangere müssen sich gesetzlich angeordneten Zwangsberatungen unterziehen, und enorme Strapazen und Kosten auf sich nehmen, bis sie dann endlich einen Abbruch durchführen lassen können. Das kann nicht sein!“, so Isabel Sophie Schneider.

Ein klares Statement gab es auch in Richtung der Gegner von Abtreibungen, die insbesondere auch im September bundesweit immer wieder für den „Schutz des ungeborenen Lebens“ demonstrieren und strengere Gesetze fordern. „Zahlreiche Studien haben gezeigt, dass dort, wo die Gesetzeslage verschärft wird oder Abtreibungen verboten werden, die Zahl der tatsächlichen Abbrüche keinesfalls abnimmt“, so die Sprecherin. „Dafür nimmt die Zahl der unsicheren Abtreibungen zu – und daran sterben jedes Jahr etwa 44.000 Schwangere“. Neben dem Schwangerschaftsabbruch informierte der Dyke* March Ruhr auch über weitere Themen, wie beispielsweise körperliche Selbstbestimmung. „My body, my choice, raise your voice!“, schallte es mehrfach durch die Innenstadt, womit die Demonstrierenden darauf aufmerksam machen wollten, dass jede Person selbst über ihren eigenen Körper entscheiden dürfe – und niemand sonst. „Es ist toll zu sehen, dass sich auch in Bochum viele Menschen für dieses wichtige Thema stark machen“, resümierte die Gruppe zum Ende der Aktion. „Wir sind optimistisch, vielleicht schafft es die Ampelkoalition ja, den Paragraphen 218 noch während der laufenden Legislaturperiode abzuschaffen“, so Isabel Sophie Schneider. „Ansonsten gehen wir nächstes Jahr definitiv wieder auf die Straße!“«