Sonntag 27.04.25, 21:58 Uhr

Den Tag der Befreiung bedenken


Das Bochumer Schauspielhaus bietet von 8. – 10. Mai recht attraktive „Bedenkveranstaltungen zum 80. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs“ an. Der Kurator des Programms, Stefan Hunstein, war sich in einem Pressegespräch sicher, dass es in Deutschland zu diesem Termin nichts Vergleichbares auf einer anderen Bühne gibt. Warum die Reihe „Ende des Zweiten Weltkriegs“ als Titel trägt und den vor 40 Jahren von Richard von Weizsäcker geprägte Begriff „Tag der Befreiung“ nicht einmal erwähnt, beantwortet er ausweichend. Das könne sich bei den Diskussionen entwickeln. Das umfangreiche Programm beschäftigt sich in keiner Veranstaltung schwerpunktmäßig mit dem Thema Krieg und Frieden.


Der Verdacht bleibt, dass hier auf die konservativen Mitglieder des Bündnisses „Wir für Demokratie“ Rücksicht genommen wird, die diese Veranstaltungsreihe mittragen und den Begriff „Tag der Befreiung“ nicht mögen. Für sie ist der 8. Mai ein Tag der Kapitulation, ein Tag der Niederlage.
Das Schauspielhaus war vom Oberbürgermeister und dem von ihm initiierten Bündnis „Wir für Demokratie“ angeregt worden, ein anspruchsvolles Programm zum 8. Mai 2025 zu organisieren. Damit soll auch das Bündnis in der Öffentlichkeit an Bedeutung gewinnen.
Besonders stolz ist Stefan Hunstein darauf, dass es ihm gelungen ist, einem neuen Text von der Nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek auf den Bedenkveranstaltungen als Highlight präsentieren zu können. Er betont, dies sei vor allem dadurch möglich geworden, dass Intendant Johan Simons und Elfriede Jelinek in den letzten Jahren in mehreren Projekten erfolgreich zusammengearbeitet haben.
Eigentlich passt der wahrscheinlich eher linksradikale Text von Jellinek überhaupt nicht zu dem vom Oberbürgermeister geschmiedeten „Wir für Demokratie“-Bündnis. Thomas Eiskirch war offensichtlich verärgert, dass es in Bochum Massendemonstrationen gegen das gesellschaftliche Abdriften nach Rechts gab, bei denen er keine Rolle eingeräumt bekam und die SPD als Teil der Rechtsentwicklung kritisiert wurde.
Er schmiedete ein Bündnis, in dem alle gesellschaftlichen Kräfte, die sich aktiv für Demokratie einsetzen und dabei auch schon mal die SPD von links kritisieren, ausgegrenzt wurden. Nun gehören diesem Bündnis z. B. die katholische Kirche, die Bochumer Moscheen oder der Arbeitgeberverband an, alles nicht gerade Leuchttürme in Sachen Demokratie. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, der Kinder- und Jugendring, Amnesty International oder das Fritz Bauer Forum fehlen.
Auf die Frage, ob das Schauspielhaus, die Freiheit gehabt hätte, auch Akteur:innen aus dem vom Oberbürgermeister ausgegrenzten Spektrum in das Programm einzubeziehen, versichert Hunstein, es habe keinerlei Beschränkungen gegeben. Aber es standen nur drei Tage zur Verfügung und da könne man nicht alle berücksichtigen.
Die Leitung des Schauspielhauses hat es versäumt, die Kompetenz und die Kontakte, die es im eigenen Haus gibt, zu nutzen, um ein Programm auf die Bühne zu bringen, das die vielen Menschen und Initiativen in der Stadt einbezieht, die den 8. Mai als Tag der Befreiung feiern wollen, die es vorbildlich finden, dass damals Millionen NSDAP-Mitgliedern ihre Partei verboten wurde.
Dem Schauspielhaus ist es gelungen, ihrem Publikum ein hochkarätiges Programm anzubieten. Der Eintritt zu alle Veranstaltungen ist frei. Es empfiehlt sich, rechtzeitig „Zählkarten“ zu buchen.

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