Mindestens 531.600 Menschen in Deutschland haben keine eigene Wohnung; das geht aus dem Wohnungslosenbericht hervor, den die Bundesregierung gestern veröffentlicht hat. Dazu gehören nach einer Hochrechnung auch rund 47.000 Menschen, die ohne Unterkunft auf der Straße leben. Das Straßenmagazin bodo fordert die schnelle Umsetzung nötiger Maßnahmen ‑ denn Wohnen ist ein Menschenrecht.
Bodo schreibt: »439.000 Menschen waren nach den Zahlen des Statistischen Bundesamts im Januar 2024 in Unterkünften, (städtischen) Wohnungen oder anderen Wohnangeboten untergebracht. Dazu kommen rund 60.400 sogenannte verdeckt Wohnungslose, die bei Bekannten oder Angehörigen unterkommen, sowie 47.300 Menschen, die ohne Unterkunft auf der Straße, in Garagen, Abbruchhäusern, im Auto oder im Zelt leben. Die Zahlen sind als Untergrenze zu sehen: Wohnungslose in oder nach einer Haft, in Frauenhäusern oder jene, die in den Hilfesystemen gar nicht ankommen, fehlen in der Statistik.
Die Zahlen machen deutlich, wie dramatisch die Lebenslagen wohnungsloser Menschen sind: Ein Drittel der Männer und ein Fünftel der Frauen ohne Unterkunft sind über 50 Jahre alt. Mehr als die Hälfte der nicht-untergebrachten Wohnungslosen haben Gewalt erlebt. 67 Prozent der Wohnungslosen ohne Unterkunft und mehr als die Hälfte der verdeckt Wohnungslosen haben eine langfristige gesundheitliche Beeinträchtigung, also eine körperliche, seelische und/oder eine Suchterkrankung. Auch die Zahl der Kinder ist hoch: 128.700 der untergebrachten und 8.600 der nicht in Einrichtungen untergebrachten Wohnungslosen waren unter 18 Jahre alt.
Die Statistik zeigt auch: Wer wohnungslos wird, bleibt es lange. Die durchschnittliche Unterbringung liegt bei über zwei Jahren. Die Mehrheit der Wohnungslosen ohne Unterkunft ist seit mehr als einem Jahr wohnungslos, ein Viertel seit mehr als fünf Jahren, elf Prozent seit mehr als zehn Jahren.
„Wir erleben in unserer Arbeit täglich, wie wichtig eine eigene Wohnung ist, um Ruhe und Sicherheit zu haben, schwierige Lebenslagen zu überwinden“, sagt bodo-Sozialarbeiter Lutz Rutkowski. „Wenn ein Wohnungsverlust droht, muss deswegen alles dafür getan werden, dass Menschen ihre Wohnung gar nicht erst verlieren“, sagt Lutz Rutkowski.
Die Bundesregierung will Obdachlosigkeit bis 2030 überwinden und hat im vergangenen Jahr einen Nationalen Aktionsplan vorgestellt. Der müsse nun schnell in die Umsetzung kommen: „Wohnen ist ein Menschenrecht. Und es braucht endlich wirksame Maßnahmen: ausreichend bezahlbaren Wohnraum, niedrigschwellige Zugänge zum Hilfesystem für alle Betroffenen und Angebote, die tatsächlich ihren Bedarfen und Bedürfnissen entsprechen“, so Lutz Rutkowski. „Wenn man nicht weiß, wo man abends schlafen kann, ist es viel schwieriger, andere Probleme anzugehen. Die Basis ist die eigene Wohnung.“
Seit 1995 schafft der gemeinnützige bodo e.V. Perspektiven für Menschen ohne Wohnung. Mit Streetwork und stationären Angeboten leistet der Verein Überlebenshilfen auf der Straße, berät und begleitet auf dem Weg zurück in eigenen Wohnraum. Mit dem monatlichen sozialen Straßenmagazin ermöglicht bodo Menschen in sozialen Notlagen einen Zuverdienst. Mit Beschäftigungsprojekten schafft der Verein Arbeitsplätze, qualifiziert und vermittelt in den ersten Arbeitsmarkt. bodo versteht sich als Lobbyorganisation und informiert über Wohnungslosigkeit, Armut und ihre oft unterschätzte Dimension.«