Die Uraufführung fand bereits am 2.6. vor dem Schauspielhaus statt.
Elfriede Jelineks neuer Text nimmt die von der CORRECTIV-Recherche enthüllten Pläne reicher Unternehmer, Neonazis und AfD-Politiker über die millionenfache Vertreibung von Menschen aus Deutschland als Grundlage. Nun bringt Johan Simons das Stück von Elfriede Jelinek auf die Stufen des Schauspielhauses. Eine Intervention vieler Stimmen. In die Stadt, bei freiem Eintritt.
Erich und Claudia haben sich die Uraufführung angeschaut und laden alle ein die Vorführung an den noch folgenden 3 Terminen zu besuchen. Dem schließen wir uns als Redaktion von bo-alternativ an. Hier ihr Bericht:
»Flüstern, Sprechen, Schreien – einzeln und durcheinander – vielsprachig auf Arabisch usw. und auch deutsch. Es war zeitweilig nicht zu verstehen, was die 14 SchauspielerInnen bei der Uraufführung am 2. Juni auf dem Platz vor dem Schauspielhaus vorgetragen haben. Die hierdurch ausgelöste wechselseitige Sprach- und Verständnislosigkeit war deutlich spürbar; dazu der Vorwurf: „Wo ist der Dolmetscher?, Wo ist er hin? Sie haben uns einen versprochen“.
In diesem neuen Text zu ihrem Stück ‚Die Schutzbefohlenen‘ schildert Elfriede Jelinek nicht nur, welche rechtlose Behandlung die Flüchtenden schon jetzt erdulden müssen. Die Anschuldigung, dass der Grenzschutz erst die Papiere zerrissen habe, um dann den Vorwurf zu erheben, dass sie keine mehr hätten, bezieht sich auf die widerliche menschenrechtswidrige Praxis, die schon seit Jahren von Frontex & Co im Mittelmeer praktiziert wird.
Diese Fortschreibung schildert die Situation, welche Menschen auf der Flucht erleben, die nicht wissen, wohin oder wie weit sie kommen und welchen Repressionen sie ausgesetzt werden. Neben den Texten sowie syrischen, persischen und ukrainischen Liedern wird dies auf der Bühne auch durch ein verlorenes Umherirren zum Ausdruck gebracht.
Massiv werden Vorwürfe gegen die menschenfeindliche Forderung einer Remigration erhoben. Dies wird verdeutlicht durch die Schilderung, den Geflüchteten werde schon jetzt vorgeworfen, aus Ländern zu kommen, aus denen sie gar nicht kämen, und sie sollten jetzt in Länder gebracht werden, welche sie gar nicht kennen würden.
Beeindruckend wird dabei thematisiert, dass alle nach Afrika zurück sollen, wo es leere Gebiete gebe: „Erst kaufen sie Afrika, dann werden sie uns kaufen“ sowie „Zurück in die Wüste. Da ist noch Platz“.
Dieses Stück passt zu der bevorstehenden Europawahl und dem zu befürchtenden Stimmenzuwachs für rechte Parteien. Was dann als „legale“ Maßnahmen drohen, wird zynisch so beschrieben: „Hier tragen viele Hemd und Sakko. Die Sakkos nicht maßgeschneidert, die neuen Gesetze schon. Erstmal müssen wir dafür eine Rechtslage herstellen. Eine Grenze hat der Gesetzgeber definiert, aber die Grenzen kann er immer verschieben.“
Dass es bei den durch die Correctiv-Recherche aufgedeckten Plänen, geflüchtete Menschen sowie auch deren Unterstützer aus Deutschland wegzuschaffen nicht um deren neuen Aufenthalt geht, sondern dass vielmehr auch deren Tod hinzunehmen wäre, wird in dem Stück durch die Vorwürfe verdeutlicht: „Die haben alle umgebracht. Ich bin geflohen, inzwischen der letzte, der allerletzte meiner großen, lieben Familie.“ und „Die Toten gelten nichts und sind nichts.“
Ebenso als Forderung wie als Vorwurf bleiben zuletzt die auch auf den T-Shirts der SchauspielerInnen stehenden Worte „Wir leben“. Hierzu heißt es in dem Stück: „Wir leben. Wir leben. Hauptsache, wir leben, und viel mehr ist es auch nicht als leben nach Verlassen der heiligen Heimat. Keiner schaut gnädig herab auf unseren Zug, aber auf uns herabschauen tun sie schon.“ und „Das ist unerhört, und unerhört bleiben auch wir.“
Dieses Stück sollte ALLE anregen, so hörbar wie möglich aktiv zu werden und zu bleiben!«
Die nächsten Vorstellungen des Stücks „Was danach geschah (2024)“ finden auf dem
Vorplatz vor dem Schauspielhaus Bochum statt:
Sonntag, 9. Juni 2024, 11 Uhr
Mittwoch, 19. Juni 2024, 19:30 Uhr
Mittwoch, 26. Juni 2024, 19:30 Uhr
Der Link zur Ankündigung des Schauspielhauses: https://www.schauspielhausbochum.de/de/stuecke/20172/die-schutzbefohlenen-was-danach-geschah-2024