Freitag 15.09.23, 22:06 Uhr

Wir sind jung und brauchen die Welt!


Mehr als 1000 Menschen sind heute in Bochum dem Aufruf von Fridays for Future gefolgt und haben für mehr Anstrengungen beim Klimaschutz demonstriert. In ganz Deutschland waren es beim globalen Klimastreik 250.000 an 200 Standorten.

Nach der Auftaktkundgebung um 13 Uhr am Rathaus zog die Demo über Kortumstraße, Südring, Universitätsstraße und Steinring zum Aral/BP-Haus an der Wittener Straße. Denn gegen den britischen Mineralölkonzern gibt es konkrete Vorwürfe: Nicht genug zu tun für den Klimaschutz und Verletzung der Menschenrechte in weniger entwickelten Ländern.

 

 

 

 

Hier die Rede von Patrick Steinbach, ver.di Vertrauensleutesprecher bei der BOGESTRA:

Liebe Mitstreiterinnen und Demonstrantinnen, liebe Kolleginnen. Liebe Bürger.

im Namen der Vertrauensleute der BOGESTRA und der Gewerkschaft ver.di stehe ich heute vor euch, um über die immense Bedeutung der Verkehrswende für den Klimawandel zu sprechen. Diese Themen gehen uns alle an, und es ist an der Zeit, dass wir gemeinsam handeln.

Der öffentliche Personennahverkehr, kurz ÖPNV, ist ein entscheidender Erfolgsfaktor für eine erfolgreiche Verkehrswende. Denn um die Herausforderungen des Klimawandels zu bewältigen, benötigen wir große Massentransportmittel. Der Ausbau des ÖPNV ermöglicht es uns, auf individuelle Fahrzeuge zu verzichten und stattdessen auf nachhaltige und effiziente Verkehrslösungen zu setzen.

Doch um diesen Erfolg zu gewährleisten, brauchen wir dringend mehr Personal. Die Beschäftigten im ÖPNV spielen eine entscheidende Rolle bei der Umsetzung der Verkehrswende. Damit sie diese Aufgabe erfolgreich bewältigen können, müssen gute Arbeitsbedingungen und angemessene Entlohnung gewährleistet sein. Denn motiviertes und gut ausgebildetes Personal ist die Grundlage für einen effektiven und zuverlässigen öffentlichen Nahverkehr.

Darüber hinaus benötigen wir eine angemessene finanzielle Unterstützung von Land und Bund. Die Kommunen können die Verkehrswende nicht alleine stemmen. Es ist an der Zeit, dass die Politik ein klares Bekenntnis zur Verkehrswende abgibt und nicht länger wegschaut. Wir können es uns nicht leisten, in endlosen Diskussionen über neue Finanzierungsmöglichkeiten gefangen zu sein. Land und Bund müssen handeln und die notwendigen finanziellen Mittel bereitstellen, damit die Verkehrswende nicht scheitert.

Aber nicht nur die Politik ist gefragt, sondern auch die Arbeitgeberverbände der Verkehrsunternehmen. Wir fordern sie auf, sich klar zu positionieren und aktiv zur Gestaltung der Verkehrswende beizutragen. Gemeinsam können wir die Weichen für eine nachhaltige Zukunft stellen.

Abschließend möchte ich betonen, dass ver.di und Fridays for Future auch zukünftig gemeinsam für eine echte Verkehrswende eintreten werden. Deshalb starten wir heute eine bundesweite Petition für eine bessere Finanzierung des ÖPNV. Jeder von euch ist herzlich eingeladen, diese Petition zu unterstützen und zu unterschreiben. Die Unterschriftenlisten werden hier herumgereicht.

Lasst uns gemeinsam dafür kämpfen, dass der ÖPNV weiter ausgebaut wird, dass gute Arbeitsbedingungen und faire Entlohnung gewährleistet sind und dass die Verkehrswende zur Realität wird. Gemeinsam können wir einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leisten.

 

 

Und hier die Rede von Elias Bala für dieBezirksschüler*innenvertretung Bochum:

In fünf Tagen ist es wieder so weit: Wir dürfen am Weltkindertag erfahren, wie wichtig doch Kinder und Jugendliche für dieses Land sind. „Das Wohl der Kinder und Jugendlichen liegt der gesamten Bundesregierung sehr am Herzen“1, hieß es letztes Jahr. Doch welche Bedeutung haben Kinder und Jugendliche in Deutschland jenseits der Festtagsansprachen? Manch einem fällt da sicher ein anderes Körperteil ein, an welchem das Wohl der Kinder und Jugendlichen dieser Regierung, dieser Gesellschaft vorbei geht.

In der Schule, beim Klimaschutz, bei der Kindergrundsicherung, bei Entscheidungen über unsere Zukunft. Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber ich habe diese Festreden, diese Lippenbekenntnisse satt.

Kinder und Jugendliche werden unter den Versäumnissen, den Krisen der Gegenwart in der Zukunft leiden. Wir sind diejenigen, die in ein paar Jahren die älteren Generationen in diesem Land versorgen, diejenigen, die diese Wirtschaft am Laufen halten sollen. Doch was gibt man uns dafür an die Hand? Eine unabsehbare Klimakrise! Marode Schulen! Drei Millionen Kinder in Armut!

Beim Klimaschutz wird die Jugend komplett übergangen. Wir demonstrieren mit Fridays for Future seit 2018, manche schon viel länger. Die Politik sollte spätestens seit den 1990er Jahren wissen, was die Klimakrise ist. Wetterextreme, Hitzetote und Ernteausfälle werden sich häufen. Unicef befürchtet, dass unter den zehntausenden Opfern der Flutkatastrophe in Libyen viele Kinder sind.

Die Folgen der Klimakrisen werden einen Großteil unseres Lebens bestimmen. Wenn ich 65 Jahre alt bin, werde ich in einer Welt leben, die voraussichtlich 2,4 Grad wärmer ist. Frankreich plant aktuell Klimafolgeanpassungen für eine Welt die 4 Grad wärmer ist. Doch statt umzudenken, feiern das Verkehrsministerium und die Springer-Presse mit falsch interpretierten Daten, das die Zahl der jungen Autobesitzer*innen in Deutschland angeblich steige und jubiliert, diese würden dadurch „frei und unabhängig“.2 Nein, gebt uns lieber einen besseren und kostenlosen ÖPNV!

In den Schulen leiden wir unter der Hitze. Klimaanpassung? Fehlanzeige! Können wir die Bildungspolitik mitbestimmen? Nein! Stellt die Politik ausreichend Mittel für die Bildung bereit? Wohl kaum! Aber wer sind die Leidenden dieser fatalen Bildungspolitik? Die Gesellschaft, die Schüler*innen! Containerklassen, Notmensen, Lehrer*innenmangel, marode Gebäude, kaputte Schulhöfe und Fahrradständer, schlechte Digitalisierung, überfüllte Klassen und Leistungsdruck ich könnte diese Liste noch fortführen. Die Schule sollte die Kathedrale jeder Stadt sein, nicht die Bruchbude. Und die Inhalte? Nicht mehr das Lernen im Unterricht steht im Mittelpunkt, sondern wie die Schüler*innen im Arbeitsmarkt untergebracht werden können. Das hat fatale Folgen, vor allem das Verständnis für politische und wirtschaftliche Debatten leidet enorm. Die Teilhabe an einer besseren Gesellschaft wird so erschwert.

Jedes fünfte Kind in Deutschland lebt in Armut. Verbände und Forschungsinstitute haben den Bedarf für eine Kindergrundsicherung auf ungefähr 25 Milliarden Euro geschätzt. Was bekommen sie? 2,4 Milliarden Euro, die wahrscheinlich in der Verwaltungsreform versickern, ohne dass ein Kind tatsächlich etwas von dem Geld hat. Mit dieser Grundsicherung wird kein einziges Kind aus der Armut geholt, kein einziges. Und warum? Damit die ‚Arbeitsanreize‘ gewahrt bleiben. Also sollen die Kinder darunter leiden, dass die Eltern keine Arbeit finden oder unterbezahlt sind! Es ist widerlich, wie auf diesen Kindern und Jugendlichen herumgetrampelt wird.

Wir brauchen einen Politikwechsel, der die Kinder und die Jugendlichen in den Mittelpunkt stellt. Keine Festreden zum Weltkindertag. Wenn die Politik wirklich ein „Herz für Kinder“ zeigen will, muss sie zuerst den Arsch hochkriegen.

Der Redebeitrag von Natalia von FFF Bochum über den Ökozid im Kongobecken:</p>

Stell dir vor, es gäbe einen natürlichen CO2-Speicher für die gesamte Erde, welcher die menschenverursachten Treibhausgas-Emissionen aus der Atmosphäre aufnehmen – und somit die Klimakrise eindämmen könnte. Surprise, surprise: Solche Speicher gibt es bereits. Die größte Lunge des Planeten – befindet sich im Kongo-Becken. Doch der zweitgrößte Regenwald der Welt und das größte tropische Moor darunter, stehen am Rande des Untergangs – und kaum jemand schaut hin. Genau wie unsere Lungen Sauerstoff aufnehmen und Kohlendioxid abgeben, zieht das KongoBecken den klimaschädlichen Kohlenstoffdioxid aus der Atmosphäre. Werden Wälder jedoch abgeholzt und Moore trockengelegt, kommt der im Torf gebundene Kohlenstoff mit Sauerstoff in Kontakt und oxidiert. So wird die ehemalige Kohlenstoffsenke zu einer Kohlenstoffquelle. Als wäre das nicht schon schlimm genug: Dieser geniale Kohlenstoffschwamm soll einer gewal1gen Ölförderung weichen. Der Professor für die Wissenschaft des Globalen Wandels, Simon Lewis, warnt: Bis zu 6 – Milliarden Tonnen CO2 würden durch diese Pläne freigesetzt werden. Das entspricht der Klimawirkung von bis zu 60 Lützeraths. Das dürfen wir nicht zulassen! Die westliche Ausbeutung der am stärksten betroffenen Menschen und Gebiete muss gestoppt werden! Schluss mit den fossilen Subventionen! Weg mit den Kohle, Öl und Gaskonzernen und einer Politik, die fossile Profite über Menschenleben stellt! Der Präsident der Demokratischen Republik Kongo hat zwar vor, die 27 Ölfelder freizugeben. Er hat uns jedoch bereits 2021 eine ausgestreckte Hand gereicht. Er ist bereit, die Ölbohrlizenzen zu stoppen, wenn die Industrieländer endlich ihre versprochenen Klimaschutzbeiträge zahlen. Brauchen wir 2023 wirklich noch neue Ölforderungen? Nein – es reicht! Und zwar seit langem. Wir brauchen ein Ökozidgesetz. Wir brauchen KlimaAusgleichszahlungen. Der gebürtige Kongolese und Experte für afrikanische Handels- und Rohstoffpolitik, Dr. Boniface Mabanza Bambu, betont: „Neue fossile Projekte, die gar nicht bemüht werden dürfen, in einem Gebiet wie dem Kongo-Becken, der [größten] Lunge des Planeten für die Gewinnung einer Ressource ohne Zukunft zerstören zu wollen, ist verantwortungslos. Hier kommt es nicht nur auf die an, die die direkte Verantwortung für den Kongo-Regenwald tragen, sondern auch auf diejenigen, die vom fossilen Zeitalter profilieren. Sie müssen Ausgleichszahlungen leisten, damit das Öl aus dem Kongo-Becken im Boden bleibt.” Wir brauchen ein Ökozidgesetz. Ein völkerrechtlich bindendes Gesetz, das einen Rechtsschutz für die Erde garantiert. Ein Gesetz, das die Zerstörung von Ökosystemen straKar macht. Es gilt, diesen drohenden Ökozid im Kongobecken zu verhindern. Genauso wie den Ökozid im Niger-Delta und anderen rohstoffreichen Gebieten. Wir müssen in eine fossilfreie Zukunft steuern, ganz nach dem Motto der afrikanischen Klimagerechtigkeitsbewegung #PétroleNonMerci. So setzen wir #KlimaschutzSozial und #PeopleNotProfit in die Tat um. Es reicht nicht aus, die CO2-Emissionen zu reduzieren. Das bereits in der Atmosphäre vorhandene CO2 muss gesenkt werden. Deswegen sind wir heute hier. Lasst uns gemeinsam für die natürlichen CO2-Speicher kämpfen. Gemeinsam das Ökozid-Gesetz fordern. Hier und jetzt am globalen Klimastreik für globale Klimagerech1gkeit laut werden: What do we want? When do we want it? Are we gonna fight for it? And are we gonna get it? Cause what do we want?

Weitere Reden werden wir veröffentlichen, sobald sie uns vorliegen.