Sonntag 18.06.23, 10:35 Uhr
Das Netzwerk für bürgernahe Stadtentwicklung:

Die Ratsmehrheit möchte nicht durch bürgerschaftliche Eingaben gestört werden 1


Für das Netzwerk für bürgernahe Stadtentwicklung erklärt Wolfgang Czapracki-Mohnhaupt zu der im Rat beschlossenen Prüfung einer Änderung der Hauptsatzung: »In der letzten Sitzung des Rates vor der Sommerpause am 15.06.2023 stand die Änderung der Bochumer Hauptsatzung bezüglich der Regelung des in § 24 Gemeindeordnung NRW garantierten kommunalen Petitionsrechts auf der Tagesordnung. Die Änderung wurde erforderlich, nachdem das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Ende April 2023 die bisherige Regelung hierzu in einem auf Antrag eines Mitglieds des Netzwerks für bürgernahe Stadtentwicklung eingeleiteten Gerichtsverfahren teilweise für unwirksam erklärt hatte.

Die Fraktion „Die Partei & Stadtgestalter“ hatte bereits für die Sitzung des Rates Anfang Mai 2023 beantragt, eine Änderungssatzung durch die Verwaltung erarbeiten zu lassen, mit der u.a. die vom Gericht beanstandete Vorschrift der Hauptsatzung gestrichen werden sollte (Antrag im Anhang). Dieser Antrag stand nun zur Beschlussfassung an.

Eine „ganz große Koalition“ aus SPD, Grünen, CDU und FDP hat zur Ratssitzung schnell noch einen Änderungsantrag eingereicht, mit dem u.a. statt der Streichung nun eine Neufassung der beanstandeten Vorschrift geprüft werden soll (Änderungsantrag im Anhang). Danach sollen Eingaben grundsätzlich ausgeschlossen sein, wenn „gesetzlich vorgeschriebene Beteiligungsverfahren gegeben oder bereits abgeschlossen sind“.

Obwohl in der Sitzung aus der Fraktion „Die Partei & Stadtgestalter“ unter Verweis auf die verwaltungsgerichtliche Entscheidung hervorgehoben wurde, dass durch die Hauptsatzung nur das Verfahren zum kommunalen Petitionsrecht geregelt werden kann, in dieses Recht aber nicht eingegriffen werden darf, beschloss eine Ratsmehrheit aus rot/grüner Koalition und Teilen der Opposition, die Verwaltung mit der Prüfung der mit Änderungsantrag vorgeschlagenen Ausschlussregelung zu beauftragen. Dies auch nur mit einem Wort zu rechtfertigen, hielt sie nicht für erforderlich. Sie verweigerte vielmehr jede Debatte.

Offenbar will diese Ratsmehrheit das in § 24 Gemeindeordnung NRW garantierte, an Art 17 GG ausgerichtete kommunale Petitionsrecht für bestimmte Bereiche – z.B. für Bebauungsplanverfahren – weiterhin ausgehebelt wissen.

Diese Ratsmehrheit möchte zwar alle fünf Jahre gewählt werden, aber offensichtlich in der Zwischenzeit nicht durch bürgerschaftliche Eingaben gestört werden. Deshalb soll es wieder einmal weniger statt mehr Bürgerbeteiligung für Bochum geben.

Nach erster Prüfung kommt das Netzwerk zu dem Ergebnis, dass angesichts der Hervorhebung der Bedeutung des kommunalen Petitionsrechts in der bereits ergangenen verwaltungsgerichtlichen Entscheidung auch die nun mehrheitlich vorgeschlagene Ausschlussregelung einer gerichtlichen Prüfung nicht standhalten würde.

Zunächst bleibt aber abzuwarten, zu welchem Ergebnis die Prüfung durch die Verwaltung unter Einbeziehung des Rechtsamtes kommen wird.

Das Netzwerk sucht weiterhin den Dialog, wird aber auch die ihm zustehenden Rechte geltend zu machen wissen.«


Ein Gedanke zu “Die Ratsmehrheit möchte nicht durch bürgerschaftliche Eingaben gestört werden

  • Ralf Feldmann

    Da sagt das Verwaltungsgericht klar und eindeutig, dass das in der Gemeindeordnung garantierte kommunale Petitionsrecht – dem grundgesetzlichen Petitionsrecht des Artikels 17 folgend – nicht durch die Hauptsatzung einer Gemeinde eingeschränkt werden darf. Was kümmert das die Basisdemokraten der etablierten Parteien in Bochum?
    Würde der Rat ihrer Anregung folgen, müsste der Oberbürgermeister den Beschluss wegen offensichtlicher Rechtswidrigkeit sofort beanstanden. Es wäre sicher, dass die demokratischen Fraktionen im Rat das Regierungspräsidium dagegen mobilisieren würden und notfalls letztendlich das Verwaltungsgericht erneut bekräftigen würde, was rechtlich wirklich ganz einfach und evident ist. Die Auflehnung dagegen ist Bürgerfeindlichkeit.

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