Montag 05.12.22, 17:23 Uhr

Rede von Stadt für Alle auf der Demo: Wir frieren nicht für Eure Profite


Wir vom Netzwerk Stadt für Alle setzen uns nicht nur für bezahlbaren Wohnraum ein, sondern vor allem für eine solidarische und ökologische Stadtentwicklung.

Schon lange ist eine unserer zentralen Forderungen die Teilhabe an sozialer Infrastruktur. Dazu gehört natürlich Wohnen, aber auch Gesundheit, öffentlicher Nahverkehr, Bildung und vieles andere mehr.

Durch die Häufung der unterschiedlichen Krisen und das Versagen der Politik sind viele von zunehmender Armut betroffen. Das spüren viele nicht nur persönlich, sondern auch selbstorganisierte lokale Projekte in Bochum. Der Kost Nix-Laden,der aktuell nicht nur einen hohen Zulauf hat, sondern auch selbst um seine Existenz ringt, weil es Schwierigkeiten gibt, die Fixkosten zu bezahlen, ist nur ein Beispiel. Auch bei den Tafeln zeigt sich ähnliches: Der Bedarf steigt. 

Eine der Ursachen sind die steigenden Gas und Strompreise. Jetzt zu fordern, Sanktionen zu beenden und den Gashahn einfach aufzudrehen, wie es Rechte gemeinsam mit Sahra Wagenknecht tun, kann niemand ernsthaft als Krisenbewältigung vertstehen.

Diese Lösung ist nationalistisch und verschwendet keinen Gedanken an die Klimakatastrophe. Energieversorgung muss demokratisch kontrolliert werden.  Wir haben hier in Europa einen der heißesten Sommer erlebt. In Pakistan sind über 30 Millionen Menschen von Überschwemmungen betroffen. Darum ist auch die Idee, fossile Energien von anderen autokratischen Systemen zu beziehen, bescheuert.

Darum ist jetzt nicht die Zeit Fehler zu wiederholen.

Jetzt ist die Zeit, Gelegenheit und Notwendigkeit, endlich in den Ausbau von regenerativen Energien zu investieren: umweltfreundlich, international und solidarisch.

Das bedeutet für Bochum etwa keine freien Flächen mehr zu verbauen, Leerstand zu aktivieren und den Wohnungsbestand umweltfreundlich zu modernisieren. Wenn das zielgenau funktioniert, bleibt die Warmmiete (Miete plus Nebenkosten) für die Mieter:innen dadurch gleich

Die Debatte um das neun Euro Ticket zeigt, dass ein bezahlbarer und vor allen Dingen gut ausgebauter Nahverkehr dringend nötig ist, auch aus ökologischer Perspektive. Wir brauchen die Verkehrswende nicht nur für Wochenendausflüge, sondern vor allem, um im Alltag auch mit wenig Geld mobil zu sein. Es wird behauptet, das sei nicht finanzierbar und bringe den Leuten auf dem Land wegen der schlechten ÖPNV-Verbindungen nichts. Richtig, es muss einiges Geld in die Hand genommen werden, um diesen Ausbau voranzubringen, aber auch die Land-Bevölkerung hat einen Vorteil davon, wenn der Klimawandel nicht so schnell voranschreitet. 

  Etwa die Hälfte aller Bochumer Haushalte haben aktuell Anspruch auf eine mietpreisgebundene Wohnung, also eine Wohnung, dessen Mietpreis gesetzlich gedeckelt ist. Von ca. 150.000 Mietwohnungen in Bochum sind aber nur ca. 13.000 mietpreisgebunden – Tendenz sinkend. Das ist ein riesiges Problem, dem sich die Stadt Bochum bisher nicht wirklich angenommen hat. 

Das muss aufhören und deshalb fordern wir den Umbau der VBW zu einem gemeinwohlorientierten Unternehmen. Statt Millionengewinne zu erwirtschaften, soll die VBW günstige Mieten anbieten.

Wir von Stadt für Alle fordern schon lange die VBW zu reformieren. Die VBW Bauen und Wohnen GmbH ist der größte Wohnungsanbieter in Bochum. Das Unternehmen gehört zu rund 80 Prozent der Stadt. Aktuell ist die VBW auf Profitmaximierung ausgelegt. Jedes Jahr muss sie laut Beschluss des Bochumer Stadtrats Millionen Euro an ihre Anteilseigner*innen auszahlen – vor allem an die Stadt Bochum und an Vonovia.

In der aktuellen Situation gilt es akute, Hilfen für Menschen schnellstmöglich umzusetzen

In diesem Winter stehen vielen Menschen harte Zeiten bevor, darum muss jetzt durch die Politik hier in Bochum gehandelt werden.

Wir fordern darum einen lokalen Härtefallfond für zahlungsunfähige Mieter:innen. Finanzieren könnte sich dieser Fond wie in Essen durch den Verzicht auf Boni die von städtischen Unternehmen ausgezahlt werden.

Wir fordern ein Kündigungsmoratorium der VBW. Dadurch kann der Druck auf andere Vermieter:innen ausgeweitet werden, sich diesem Moratorium anzuschließen. 


Wir fordern ein Mietenstopp der VBW. Auch hier kann der freiwillige Verzicht durch andere Vermieter:inen eingefordert werden

Wir fordern ein Verzicht auf Energiesperren durch die Stadtwerke


Außerdem fordern wir die Förderung von warmen „Stadtteilwohnzimmern“, in denen wir uns nicht nur aufwärmen können, sondern dies kann auch ein Ort der Begegnung sein

Das sind Forderungen, die hier in Bochum umgesetzt werden können, ohne auf landes oder bundesweite Beschlüsse warten zu müssen.

Die Teilhabe an einem guten Leben für alle muss möglich sein. Das heißt vor allem Teilhabe an gesellschaftlicher Infrastruktur für alle. Wohnen, Mobilität, Gesundheit, Bildung und Kultur darf nicht vom Geldbeutel abhängig sein. Soziale Infrastruktur ist ein Gemeingut und darf nicht marktwirtschaftlich organisiert sein. Wir müssen uns diese Gemeingüter zurückerobern. Das bedeutet auch, dass wir endlich höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen brauchen, insbesondere in den systemrelevanten Jobs und in der Care-Arbeit, wie etwa der Pflege. Denn unser Leben ist keine Geschäftsidee!

Es ist genug für Alle da, es muss nur umverteilt werden. Eine Forderung nach Umsetzung der Vermögenssteuer, die Besteuerung von Krisenprofiteur*innen durch eine Übergewinnsteuer oder eine Reform des Erbrechts können erste Schritte sein. 

Ein gutes Leben für Alle bedeutet auch eine Welt in der wir alle leben können. Heute und morgen, hier und in allen anderen Teilen der Welt. Darum ist es an der Zeit gemeinsame Lösungen zu schaffen, die keinen weiteren Raubbau an unseren Leben und unserer Umwelt betreiben.  

Solidarität endet nicht an Landesgrenzen und Solidarität beginnt jetzt und hier bei uns in Bochum mit euch zusammen.