Donnerstag 14.07.22, 07:50 Uhr

Kündigungsmoratorium oder Energiepreisdeckel?


Die Sozialberatung Ruhr erinnert an den Werbespruch „Der nächste Winter kommt bestimmt“ und schreibt: »Dem kann man schlecht widersprechen und so ist davon auszugehen, dass 2022/23 ein Winter kommen wird, in dem die Menschen ihre Wohnungen beheizen müssen. In Deutschland heizen viele Menschen ihr Haus bzw. ihre Wohnung mit Gas. Wie wir alle wissen, ist die Gasversorgung durch billiges russisches Gas im Moment fraglich. Wie damit umzugehen ist, ist zurzeit innerhalb der Interessenverbände und der Politik umstritten.

Der deutsche Mieterbund und der Sozialverband VdK fordern ein Kündigungsmoratorium für Mietwohnungen. Das bedeutet im Ergebnis, dass die Mieterinnen und Mieter, die ihre Gasrechnung nicht mehr bezahlen können, deswegen nicht gekündigt werden können. Für ein solches Moratorium hat sich auch die Bundesverbraucherschutzministerin Steffi Lemke von den Grünen stark gemacht. Einen anderen Weg schlägt die Vorsitzende des DGB, Jasmin Fahimi, vor. Hier wird ein Energiepreisdeckel für Privathaushalte gefordert. Wenn man die beiden Vorschläge einander gegenüber stellt fällt auf, dass bei der Forderung wie sie der DMB oder der VdK aufstellt die Menschen, die z. B. eine kleine Rente bekommen oder ein Lohneinkommen haben, das über der Grenze zu Hartz IV liegt, zwar keine Kündigung ihrer Wohnung erhalten, aber nach relativ kurzer Zeit hohe Schulden aufgrund der deutlich gestiegenen Heizkosten haben werden. Da sie mit ihrem Einkommen schon jetzt an der Grenze des gerade noch erträglichen leben ist nicht nachvollziehbar, wie sie dann die gegenüber ihrem Vermieter oder Versorger bestehenden Verbindlichkeiten tilgen sollen. Das Kündigungsmoratorium stellt nach unserer Auffassung keine Lösung sondern lediglich die Vertagung eines Problems dar.
Anders ist es mit dem Vorschlag des DGB. In einer Zeit, in der die Politik die Verbraucher auffordert, ihren Gasverbrauch zu reduzieren, ist es völlig aus der Zeit gefallen, wenn ein höherer Verbrauch durch einen geringeren kWh-Preis honoriert wird. Sparen ist das Gebot der Stunde und nicht einen Mehrverbrauch zu einem günstigeren Preis pro kWh zu erhalten. Die Preispolitik diverser Stadtwerke wie z. B. auch der Stadtwerke Bochum ist insofern völlig kontraproduktiv, politisch und ökologisch falsch und darüber hinaus auch unverschämt gegenüber denjenigen, die ihre Gasrechnung kaum noch bezahlen können.Nach unserer Auffassung ist eine Wohnung, die im Winter nicht beheizt werden kann, weil die entsprechenden finanziellen Ressourcen fehlen, eine Wohnung, die mit einer Nichtwohnung gleichzusetzen ist. Sie ist schlicht unbrauchbar. Wenn aber eine Wohnung beheizt werden muss, kann man davon ausgehen, dass ein bestimmter Grundsockel für jeden Mieter bezahlbar sein muss. Das bedeutet im Ergebnis, dass ein bestimmter Grundstock pro Einwohner kostengünstig zur Verfügung gestellt werden muss. Personen, die darüber hinaus einen Verbrauch verursachen, sollen dann überproportional hohe Preise zahlen. Für die Stadtwerke ist es ein Nullsummenspiel, aber ein Nullsummenspiel, das sozial ausgewogen ist und ökonomische Anreize für ein vernünftiges ökologisches Verhalten setzt. Darüber hinaus vermeidet es die Anhäufung von Schulden für Menschen mit niedrigem Einkommen. Wir fordern also, dass die Politik sich dem DGB-Vorschlag anschließt und entsprechende Maßnahmen ergreift.«