Sonntag 22.08.21, 14:12 Uhr
Dance & Slam von Students for Future am 20.8.2021

Redebeitrag von Fridays for Future


Auch ich bin damit aufgewachsen, dass wenn Du ein Anliegen hast, dann musst Du es sachlich, rein faktisch und ganz unemotional vortragen, sonst wird Dir nicht zugehört und keiner nimmt Dich ernst. Später habe ich gelernt, dass Du dafür am besten auch noch weiß, cis-männlich und am besten einfach „ganz normal“ sein musst. Aber in diesem Kampf, dem Kampf für eine klimagerechte Politik und eine lebenswerte Zukunft habe ich gelernt, dass das alles nichts bringt. Wir waren viele. Wir sind viele! Wir sind unschuldige Schüler*innen, genauso wie weiße cis-Männer, wir bilden diese Gesellschaft in großen Teilen ab und wir tragen immer wieder ganz nüchtern unsere Fakten vor, die Fakten, die eben absolut keine schöne, lebenswerte Zukunft voraussagen. Die Fakten sind mittlerweile bei allen angekommen, und alle wiederholen sie, tuen betroffen, aber ändern tut sich nichts.

Ich habe keine Lust mehr auf die Fakten, ich habe mir den Mund damit fusselig geredet und dabei immer so viele Gefühle unterdrückt. „Sie werden Dich nicht ernstnehmen“, „Rumheulen ist nicht rational und daher auch kein Argument“, „Du musst jetzt einfach professionell bleiben, darfst Dich nicht verletzlich zeigen“. Das sind Sachen, die ich mir selbst gesagt habe und dabei so viele Gefühle aufgestaut habe, dass ich damit selber nicht mehr umgehen konnte und nach Klimagesprächen emotional erstmal total im Eimer war. Das will ich aber nicht mehr. Ich spüre Wut, Trauer und unglaublich viel Angst und ich bin mir sicher, dass es ganz vielen anderen auch so geht. Viele unterdrücken diese Gefühle wahrscheinlich sosehr, dass sie gar nicht wissen, dass sie sie in sich haben. Andere lähmen diese Gefühle. Ich habe schon so oft gehört, „Ja, das ist schlimm und ich habe auch Sorgen oder Angst vor der Zukunft, aber jetzt ist es eh zu spät. Wir werden nichts mehr ändern, also können wir auch einfach jetzt ein geiles Leben leben und auf das Beste hoffen“. Solche Sätze machen mich nur noch wütender und schnüren mir vor Angst fast die Luft ab. Diese Menschen haben die Lage weitestgehend durchschaut, aber man hat ihnen eingeredet, dass sie nichts mehr machen können und erst damit dafür gesorgt, dass sie auch nichts mehr machen. Aber erstens stimmt es einfach nicht, dass wir nichts mehr machen können und zweitens, was ist denn unsere fucking Alternative? Auf das Beste hoffen wird nicht funktionieren, bisher sind hauptsächlich die berechneten Worst-Case Szenarien eingetreten und nicht die Best-Case.

Wir sitzen alle im gleichen Boot und es singt. Und während die untersten Decks schon lange unter Wasser stehen, konnten wir uns bis vor einigen Wochen noch einbilden, dass alles gut ist, die Schiffskapelle spielt ja schließlich noch. Aber mittlerweile ist das Wasser auch bei uns angekommen. Wir können dem nicht mehr entgehen, Rettungsboote sind hier noch viel weniger vorhanden als auf der Titanic (und ich bezweifele auch, dass es auf dem Mars so viel schöner ist). Wir können jetzt noch handeln, müssen das dann aber auch jetzt tun und nicht mehr warten, vertrösten, reden, schleimen, leere versprechen machen, egoistisch sein. Letztendlich fällt alles auf uns alle, aber noch viele mehr auf Menschen in den MAPA und Menschen zukünftiger Generationen zurück.

Nutzt die Zeit, die vor den Wahlen nochmal und baut Druck auf. Redet mit den Menschen in Eurem Umfeld ´, tut das auf eine respektvolle Weise und nehmt die Menschen mit. Lasst sie aber auch eure Gefühle spühren, schont sie nicht vor unangenehmen Gefühlen. Gefühle können so unglaublich mächtig sein. Nutzt diese Macht.