Sonntag 01.08.21, 21:35 Uhr

Erinnerung an die ehemalige Edelweisspiratin Gertrud „Mucki“ Koch


Das Polit-Café Azzoncao erinnert an die ehemalige Edelweisspiratin Gertrud „Mucki“ Koch: »Obwohl in Detlev Peukerts Buch „Die Edelweisspiraten. Protestbewegungen jugendlicher Arbeiter im Dritten Reich“ von 1980 von Edelweisspiraten in Bochum die Rede war, hat sich anscheinend niemand aus der Historikerzunft in den letzten 40 Jahren den Spuren Bochumer Edelweisspiraten angenommen. Das ist mehr als schade.

Personen aus unserer Gruppe lernten die Geschichten der Dortmunder Edelweisspiraten schon Ende der 80er Jahre kennen. Wir luden zur Eröffnung unseres Antifa-Cafès im Jahr 1992 den bekannten Edelweisspiraten Kurt Piehl ein. Mehr als zehn Jahre später fuhren wird auf das Edelweisspiraten-Festival nach Köln, lernten Jean Jülich und Mucki Koch kennen und machten mit diesen Veranstaltungen und Interviews.

Vor fünf Jahren, am 20. Juni 2016, verstarb die ehemalige Edelweisspiratin Gertrud Koch in Köln. Um das Andenken an sie zu bewahren möchten wir hier noch einmal das Interview mit ihr vom 17. September 2011 veröffentlichen. Aber kurz noch ein paar Informationen zu ihr:

Mucki war ein echt „kölsches Mädche“. Sie wurde in der Rheinmetropole 1924 geboren und wuchs unweit des Kölner Doms auf. Ihr Vater war Kommunist und beteiligte sich zur Zeit der Weimarer Republik an den Kämpfen gegen den aufkommenden Nationalsozialismus. Nach 1933 verhafteten ihn die Nazis mehrere Male und internierten ihn in einem KZ. Im Lager Börgermoor wurde er von den Nazis ermordet. Zusammen mit ihrer Mutter engagierte sich Mucki in der „Rote Hilfe“ und unterstützte Angehörige und Hinterbliebene der in Zuchthäusern und Konzentrationslagern Inhaftierten und betrieb Fluchthilfe für verfolgte NS-GegnerInnen. In Köln gehörte sie zu den Gründungsmitgliedern der Gruppe „Edelweiss“, einer oppositionellen Jugendgruppe, von der sich später die von der GeStaPo abgeleitete Bezeichnung „Edelweisspiraten“ ableitete.

Mucki wurde mehrmals verhaftet, war lange Zeit inhaftiert und wurde schwer gefoltert. Schließlich gelang ihr die Flucht aus Köln und mit ihrer Mutter erlebte sie die letzten Kriegsmonate auf einer Alm in Süddeutschland.

In den 1950er Jahren wurde sie wegen ihrer linken Haltung ein zweites Mal Opfer des deutschen Staates – ihr Mann Willi wurde auf Grund des Verbots der KPD und der Kommunistenverfolgung in der BRD lange Zeit inhaftiert.

Erst sehr spät, im Jahr 2000, ergab sich ein Kontakt zur Kölner Gedenkstätte im ehemaligen ELDE-Haus und Gertrud „Mucki“ Koch wurde mit ihrer Geschichte eine Person des öffentlichen Lebens. Auf vielen Veranstaltungen, in und außerhalb von Schulen, referierte sie über die Geschichte des jugendlichen Widerstands im Rheinland. So lernten auch wir Mucki und ihren Mann Willi auf dem Edelweisspiratenfestival kennen.«

Zum Interview mit Mucki Koch