Freitag 30.04.21, 10:03 Uhr
Beschäftigte im Einzelhandel machen klar:

„Applaus reicht nicht!“


Zu den beginnenden Tarifverhandlungen am 5. Mai zwischen der Gewerkschaft ver.di und dem Arbeitgeberverband HDE positionieren sich gewerkschaftlich aktive Beschäftigte aus dem Bochumer Einzelhandel eindeutig. Martina Schmidt, Tarifkommissionsmitglied und Beschäftigte bei Kaufland im Bochumer Ruhrpark setzt sich für eine deutliche Steigerung der Entgelte ein: „Wir haben während der anhaltenden Pandemie gezeigt, wie wichtig unsere tägliche Arbeit für unsere Gesellschaft ist. Das Arbeiten ist durch die Corona-Pandemie nochmal um ein vielfaches belastender geworden. Da tat es gut, dass auch den Kolleginnen und Kollegen im Einzelhandel Beifall geklatscht wurde. In Richtung des Arbeitgeberverbandes muss ich aber deutlich sagen: Das reicht nicht! Applaus allein bezahlt keine Miete und bringt kein Essen auf den Tisch. Die Gewinne in unserer Branche sind da. Jetzt heißt es, diejenigen, die diese Gewinne durch ihre harte Arbeit erst möglich gemacht haben, auch anständig zu entlohnen! Wir erwarten ein faires Angebot.“

Marko Lieber, Beschäftigter bei real in Bochum Langendreer und ebenfalls Tarifkommissionsmitglied fordert vom Arbeitgeberverband, dass er gemeinsam mit ver.di die Allgemeinverbindlichkeit der Tarifverträge im Einzelhandel beantragt: „Immer mehr Unternehmen entziehen sich ihrer Verantwortung und steigen aus der Tarifbindung aus. Dem muss ein Riegel vorgeschoben werden. Ansonsten geht der Konkurrenzkampf im Einzelhandel allein zu Lasten der Beschäftigten. Die Allgemeinverbindlichkeitserklärung der Tarifverträge (AVE) muss wieder her,“ so Marko Lieber. Mit der AVE würde der erkämpfte Tarifvertrag für alle Unternehmen in der Branche gelten.

Die Große Tarifkommission im Einzelhandel NRW stellt in der diesjährigen Tarifrunde folgende Forderungen an die Arbeitgeberseite:

  • 4,5 Prozent mehr Entgelt plus 45 Euro im Monat – auch für die Azubis
  • Ein rentenfestes Mindestentgelt von 12,50 Euro pro Stunde
  • Gemeinsame Beantragung der Allgemeinverbindlichkeit der Tarifverträge
  • 12 Monate Laufzeit

Information zur wirtschaftlichen Lage im Einzelhandel

Die Umsätze im Einzelhandel in NRW sind trotz der Pandemie im vergangenen Jahr real um 4,0 Prozent gestiegen. Die Branche hat damit im elften Jahr in Folge ein Umsatzwachstum zu verzeichnen. Dieses Umsatzplus ist keineswegs ausschließlich auf den Versand- und Internethandel zurückzuführen. Auch der Umsatz im stationären Einzelhandel ist im vergangenen Jahr preisbereinigt um 2,5 Prozent gestiegen. Von den 577,4 Milliarden Euro, die 2020 im Einzelhandel umgesetzt wurden, entfielen 71,5 Milliarden (12 %) auf den Online- und Versandhandel und 505,9 Milliarden (88 %) auf den stationären Handel.