Montag 05.04.21, 21:54 Uhr
Horst Hohmeier auf dem Ostermarsch 2021 in Bochum

Das Uran muss in der Erde bleiben!


Ich habe 1964 mit einer Gruppe der Naturfreunde zum ersten mal an einem Ostermarsch teilgenommen. Die Abschlusskundgebung vor dem historischen Rathaus in Bielefeld war riesig, wurde vom damaligen Oberbürgermeister unterstützt und die Redner:innen durften vom Rathausbalkon sprechen. Besonders beeindruckt hat mich eine Delegation von Ureinwohnern aus den USA, die von ihrem Leid durch Uranabbau und die oberirdischen Atombombentests berichteten. Sie wurden ihres Landes beraubt, mussten aufgrund ihrer prekären Verhältnisse in den Uranminen arbeiten und wurden durch den Fallout der Bombentests noch zusätzlich belastet. Durch radioaktive Strahlung indizierte Krankheiten und Todesfälle nahmen dramatisch zu, ihr Land und ihr Wasser wurden für Jahrtausende verseucht.

Doch diese Zustände sind kein Einzelfall in den USA, sondern treffen auf fast alle Uranabbaugebiete weltweit zu. Außerdem liegen fast alle Abbaugebiete in Regionen von Ureinwohner:innen und Naturschutzgebieten.

Beim IPPNW Kongress, 20 Jahre nach Tschernobyl in Bonn, war eine Delegation der Adivasi aus dem indischen Bundesstaat Jharkhand. Auf ihrem Land wird in großem Maßstab Uran abgebaut. Da sie als indigenes Volk in der Gesellschaftsordnung Indiens ganz unten stehen, werden sie teilweise wie Sklaven gehalten und ohne Schutzkleidung zur Arbeit in den Uranbergwerken gezwungen.

Aber auch in Deutschland wurde Uran im großen Stil abgebaut. In der DDR war die verschleiernd Wismut AG genannte Firma einer der großen Player. In 40 Jahren DDR arbeiteten mehr als 220.000 Menschen bei der Wismut. Die Abbaugebiete in Thüringen und Sachsen sind radioaktiv verseucht, das Grundwasser so kontaminiert, das einige Städte über Pipelines mit Wasser versorgt werden müssen. Als die Arbeiter:innen nach 1990 in die Bergbau Berufsgenossenschaft übernommen wurden, hätte diese entweder ihre Beiträge drastisch erhöhen oder Insolvenz anmelden müssen, wenn sie die vielen Strahlenkranken anerkannt hätte. Deshalb wurde nur Lungenkrebs und einige seltene Krebsarten als Berufskrankheit anerkannt, alle Raucher:innen fielen durchs Raster, nur ca. 7400 als Erkrankte anerkannt. Aus dem Uranbergwerk Königstein bei Dresden wurden vor seiner Flutung 2013 noch mindesten 70 Tonnen Uran gewonnen.

1984 stellte man den untertägigen Abbau des Urans auf das chemische Gewinnungsverfahren um. Dabei kam im Rahmen verschiedener Laugungstechnologien mit Schwefelsäure versetztes Wasser zur Anwendung. Dieses wurde über Bohrlöcher in vorbereitete Sandsteinblöcke eingepresst oder in gesprengte Kammern aufgegeben. Nach dem Laugungsprozess fasste man die Lösung und pumpte diese nach über Tage. Schließlich wurde das Uran in einer Aufbereitungsanlage selektiert. Durch diese Technologie kamen bis 1990 über 55 Millionen Tonnen Gestein mit schwefelsäurehaltiger Lösung in Kontakt. Ein Teil der Lösung ist als Porenwasser im Sandstein verblieben und führte zur weiteren Mobilisierung von Uran und Schwermetallen. Bei einer ungesteuerten Flutung des Bergwerkes wären diese Elemente unkontrolliert in die Grundwasserleiter bzw. Vorfluter gelangt.(Quelle; Wismut GmbH – Niederlassung Königstein, Flutung, Sanierung, Aufgaben) Und damit in das Grundwasser gelangt.

Dieses Verfahren wird weltweit überall da angewandt, wo der Urangehalt im Gestein relativ gering ist, die Umweltsauerei ist dabei umso größer. Die Gasgewinnung durch Fracking basiert auf einem ähnlichen Verfahren.

Bis das Uran in einer Urananreicherungsanlage (UAA), wie z.B. in Gronau landet, sind noch einige weitere Schritte notwendig. Diese passieren zum Teil in den Abbaugebieten und belasten die Umwelt dort noch weiter. Mitunter wird das Material aber auch zwischen den einzelnen Verarbeitungsschritten mehrere Male um die halbe Welt transportiert, bevor es zu Brennelementen verarbeitet wird.

Denn für die Anreicherung muss das Urankonzentrat gereinigt und in das benötigte UF6 umgewandelt werden. Bei einem Unfall bildet sich, in Verbindung mit Feuchtigkeit die hochgiftige Flusssäure.

Von Gronau aus wird der radioaktive Abfall seit Jahrzehnten nach Russland exportiert und zumeist unter freiem Himmel gelagert, wo die Fässer verrotten und die Umwelt verseuchen.

Aus dem Abfallprodukt, dem abgereichertem Uran werden besonders perfide Geschosse mit hoher Durchschlagskraft produziert, die sich beim Aufprall endzünden und Radioaktivität freisetzen. Große Teile des Irak, aber auch ex Jugoslawiens wurden damit verseucht.

Die letzten noch in Betrieb befindlichen Atomkraftwerke in Deutschland sollen spätestens 2022 abgeschaltet werden. Spätestens dann müsste auch der Urananreicherungsanlage in Gronau und der Brennelemente Fabrik in Lingen die Betriebserlaubnis entzogen und diese stillgelegt werden. Ein logischer Schritt, der aber bisher vom Bund und den Ländern verweigert wird. So erteilte die grüne Umweltministerin Bärbel Höhn noch die wasserrechtliche Genehmigung für Gronau, damit das Werk seine Produktion nahezu verdoppeln konnte.

Zu dem Märchen von der friedlichen und ökologischen Nutzung der Atomenergie möchte ich noch anmerken:

Uran und Plutonium lassen sich immer auch für militärische Zwecke nutzen, der Produktionsprozess der Urananreicherungsanlagen jederzeit auf waffenfähiges Uran umstellen. Auch wenn ein Atomkraftwerk Strom mit einem geringen Co2 Ausstoß produziert, verbraucht die gesamte „Wertschöpfungskette“ ungefähr soviel Energie wie ein Atomkraftwerk produziert.

Eine Lösung, den Atommüll für eine Zeitspanne von 1millionen Jahre sicher zu lagern, ist weltweit nicht in Sicht und kann auch gar nicht gelingen.

Deshalb kann es nur eine Forderung geben:

Das Uran muss in der Erde bleiben!

Venceremos