Mittwoch 15.07.20, 13:35 Uhr
Beratungsstelle Madonna:

Ansturm nicht mehr zu bewältigen


Seit der Schließung der Bordelle in NRW am 16. März 2020 suchen viele SexarbeiterInnen Unterstützung bei der Beratungsstelle Madonna e.V. – viel mehr als für die dort arbeitenden Sozialarbeiterinnen zu bewältigen ist.  Die Beratungsstelle kann keine neuen Klientinnen mehr annehmen und bleibt daher bis zum 9. August für die Öffentlichkeit geschlossen. In einer Presseerklärung von Madonna heißt es: »Im Zeitraum von März bis Juni 2020 hat die Beratungsstelle Madonna e.V. mehr neue Klientinnen aufgenommen als im gesamten Jahr 2019. Hinzu kommen die Beratungen bei Online- und telefonischen Anfragen, sowie die weitere Bearbeitung all der Klientinnen die vor März 2020 die Beratungsstelle aufgesucht haben.

Den Fachberatungsstellen für Sexarbeitende fehlen die finanziellen Mittel und damit die personellen Kapazitäten, um diesen enormen Beratungsbedarf – unter allgemein erschwerten Rahmenbedingungen – abzudecken, so dass viele Ratsuchende nicht bedient werden können. Nicht zuletzt ist zu erwähnen, dass drei Mitarbeiterinnen der Beratungsstelle einer Risikogruppe angehören, weshalb sie seit März überwiegend im Home-Office arbeiten.

Aus diesen Gründen, kann die Beratungsstelle leider keine neuen Klientinnen annehmen. Sie bleibt daher für vier Wochen vom 13. Juli bis zum 09. August für die Öffentlichkeit geschlossen.

Informationen zu anderen Beratungseinrichtungen, die weiterhelfen können, finden die Ratsuchenden in dieser Zeit auf der LOLA-App (www.lola-nrw.de) und auf unserer Homepage (www.madonna-ev.de).

Fehlende staatliche Unterstützung für SexarbeiterInnen

Durch das Verbot der Sexarbeit ist für alle in diesem Bereich tätigen Menschen das Einkommen vollständig weggebrochen.

Besonders hart trifft es diejenigen, die bereits vor der Krise nur knapp über die Runden gekommen sind – wie beispielsweise viele MigrantInnen: Sie können ihre Mieten nicht mehr bezahlen, sind von Wohnungslosigkeit bedroht und haben keine finanziellen Mittel, um in ihre Heimatländer zu reisen. Viele sind mittlerweile nicht mehr in der Lage, sich und ihre Angehörigen zu versorgen.

Viele SexarbeiterInnen haben nur bedingt Anspruch auf staatliche Unterstützung wie z.B. Arbeitslosengeld. Die NRW-Soforthilfe konnte nur selten in Anspruch genommen werden, obwohl SexarbeiterInnen formal zu den grundsätzlich berechtigten Soloselbständigen zählen.

Dies liegt unter anderem daran, dass viele SexarbeiterInnen gezwungen sind, ihre Steuern über das sogenannte „Düsseldorfer Verfahren“, d.h. über den Betreiber eines Bordells abzuführen. Sie haben daher keine Steuernummer oder andere Nachweise über ihre Tätigkeit. Aufgrund der Schließung der Bordelle ist die Kontaktaufnahme zu Bordellbetreibern kaum möglich, um Nachweise, Quittungen usw. nachträglich einzufordern. Dies führt zu langwierigen Antragsprozessen, an deren Ende häufig ein Ablehnungsbescheid steht.

Mit Unterstützung der Beratungsstellen konnten viele Sexarbeitende unbürokratisch und schnell finanzielle Hilfe bei dem durch Spenden finanzierten Corona-Notfallfonds des BesD (Berufsverband erotische und sexuelle Dienstleistungen e.V.) beantragen, um die schlimmsten Folgen in dieser finanzielle Notlage zu beheben.«