Das Bochumer Theater Traumbaum schreibt: »Wenn in der Lothringer Str. 36 c beim nach einer sehr lebendigen aber auch erstaunlich konzentrierten Theatervorstellung für die direkte Nachbereitungsdiskussion mit dem jungen Publikum nicht nur das Licht auf der Bühne, sondern auch im Zuschauerraum angeht, sieht man in zwei strahlende empathische Gesichter auf der Bühne, viele offene interessierte Gesichter im Publikum und es entspinnt sich ein reger Austausch über das gerade Gesehene.
Haben dann aber auch die letzten jungen Zuschauer/innen nach einem Handschlag mit den beiden Akteuren das Theater verlassen,
zeigen sich auf den Gesichtern der beiden Theatermacher leichte Sorgenfalten und ihnen ist eine gewisse Anspannung anzumerken.
„Momentan halten wir mit nur zwei Leute schon sehr viele Bälle gleichzeitig in der Luft.“ meint Ralf Lambrecht. „Wir stehen gerade bis zum 13.02. in vier Vorstellungen pro Woche im Rahmen der Spielzeit „YemejHaShoah – Theater gegen das Vergessen“ auf der Bühne und die Diskussionen mit den Schüler/innen nach den Vorstellungen zeigen, dass die Veranstaltungsreihe immer noch wichtig ist. Die rassistischen und nationalistischen Fakenews der neuen rechten Nationalisten sind mittlerweile nicht nur in der Mitte der Gesellschaft angekommen, sondern auch bei vielen Jugendlichen und da tut Aufklärung Not.“ „Nachmittags,“ so Birgit Iserloh, „Steht die Werbung und Kartenvorbestellung für unsere kommende Veranstaltungsreihe „Spielzeit Frühjahr 2020 – gegen Mobbing und Gewalt – Märzstürme 1920“ an, die sich vom 17.02. bis 19.03. direkt anschließt. Das Wochenende gehört dann den Endproben unserer diesjährigen Neuproduktion „Märzstürme an der brennenden Ruhr 1920-2020“. Über mangelnde Arbeit können wir uns nicht beklagen“. „Wobei,“ so Lambrecht, „ 42 Veranstaltungen, 16 theaterpädagogische Workshops und 26 Vorstellungen, in acht Wochen gehört zu unserem normalen Frühjahrspensum. Was uns eigentlich Sorgen bereitet, ist unsere sehr unsichere finanzielle Situation. Dass professionelles engagiertes Kinder- & Jugendtheater nicht nur über Eintrittsgelder zu finanzieren ist uns schon seit unseren Anfängen vor über dreißig Jahren klar. Als wir dann vor siebzehn Jahren unseren festen Spielbetrieb hier im KulturMagazin in den Räumen des Bochumer Kulturrates begonnen haben, war uns bewusst, dass selbst in einer Theater begeisterten Stadt wie Bochum als freies Theater keine Chancen bestehen, die anfallenden Kosten komplett über eine kommunale Förderung zu decken, dazu fehlt die Lobby. Daher haben wir uns von Anfang an breit aufgestellt und unsere vier Spielzeiten mit gut 70 Veranstaltungen pro Jahr neben der kommunalen Förderung durch Sponsoring halbwegs kostendeckend gegenfinanziert.“ „Leider“ so Iserloh, „hat uns ein langjähriger Sponsorpartner zum Ende letzten Jahres den Sponsoringvertrag aufgekündigt. Wir als Theater können und wollen diese Entscheidung nicht kritisieren, Sponsoring ist eben ein Werbewerkzeug der freien Markwirtschaft und keine öffentliche Verpflichtung. Es überwiegt auch unsere Dankbarkeit für die finanzielle Unterstützung in den vielen Jahren davor, aber faktisch stehen wir in diesem Jahr vor einer gravierenden Finanzierungslücke“. „Wir dürfen die genaue Summe nicht öffentlich beziffern, aber sie liegt irgendwo zwischen 13.000 und 17.000 Euro.“so Lambrecht, „ Dieses Defizit merkt man leider auch unserem Spielplan an. Wir mußten in der Spielzeit Frühjahr leider komplett alle sonst üblichen Sonntagsfamilienvorstellungen streichen.“ „Wir haben uns natürlich bemüht,“ Birgit Iserloh, „unser Veranstaltungsangebotes zu reduzieren, denn die Nachfrage nach unserer speziellen Form des thematischen Kinder- & Jugendtheater ist ungebrochen groß. Bis auf eine sind alle Vorstellungen im Rahmen von „Yemej HaShoah“ komplett ausverkauft, bei der Spielzeit Frühjahr zeichnet sich eine ähnliche Tendenz ab. Um diese Nachfrage zu erfüllen, haben wir uns sehr rechtzeitig um zusätzliche Landes- und Bundesmittel zur Ergänzung der kommunalen Förderung bemüht. Nur ist hier die Antragsstellung sehr zeitaufwendig und leider selten von Erfolg gekrönt. Hinzu kommt, dass die Bewilligungszeiträume sehr spät liegen und unsere bisher immer sehr langfristige Planung komplett durcheinanderbringen, wodurch sich die Öffentlichkeitsarbeit immens erschwert.“ „Aber,“ so Lambrecht mit einem Lächeln, „die Hoffnung stirbt zuletzt und auf Dauer setzt sich Qualität durch. Da aber pures Hoffen wenig hilft, engagieren wir uns neben unserer eigentlichen Theaterarbeit kulturpolitisch beim KEP, dem KulturEntwicklungsProzess der Stadt Bochum und bei „Nice-Preis, zehn Prozent“, der Initiative der freien Bochumer Kulturschaffenden. Vielleicht setzt sich ja doch noch die Einsicht durch, dass Kinder- & Jugendtheater für eine Stadt genauso wichtig ist wie das Erwachsenentheater!“ Deshalb gibt das Theater Traumbaum für die kommende Spielzeit auch noch nicht die Devise aus: „ Besucht jetzt das Theater, so lange es noch steht!“ sondern macht mit voller Kraft weiter. Und das bedeutet konkret für die Spielzeit Frühjahr 2020:
vom 17.02. bis 20.02. steht für Menschen ab 12 Jahren jeweils um 10.oo Uhr „Cybermobb, in´s Netz gegangen“ zum Thema Internetkommunikation und Cybermobbing auf dem Programm. Hier gibt es für alle Vorstellungen noch Karten. An ein jüngeres Publikum, ab 6 Jahre aufwärts, wendet sich vom 26.02. bis 27.02. zu dem fast alle Menschen betreffenden Thema, wohin mit meiner Wut, was fange ich mit meiner Aggression an, ohne dass sie andere trifft: „Stromboli – Knut und die Wut“. Mit dem Stück „Mobfer-f“, Mobbing unter Schüler/innen aus der Opferperspektive hat das Theater leider sehr den Nerv unserer Zeit getroffen, denn hier sind bereits alle Vorstellungen vom 02.03. bis 05.03. schon lange komplett ausverkauft. Vom 09.03. bis 12.03., jeweils 9.oo Uhr und 11.oo Uhr wird dann kein Theater konsumiert sondern die Schüler/innen können in den theaterpädagogischen Workshops „Respekt-Voll“ ihre eigenen Themen auf die Bühne bringen. Den krönenden Abschluss der Spielzeit bildet dann für Menschen ab 14 Jahre aufwärts mit der Uraufführung am So. 15.03., 15.oo Uhr und weiteren Vorstellungen 16.03. bis 19.03., jeweils 10.oo Uhr, „Märzstürme an der brennenden Ruhr 1920-2020“. Hier scheint das Theater Traumbaum ein heißes Eisen angefasst zu haben. Denn obwohl sich der Kapp-Lüttwitz Militär Putsch und seine Niederschlagung durch den Generalstreik zum hundertsten Male jähren und die Menschen hier im Ruhrgebiet damals dabei eine wesentliche Rolle gespielt haben, findet sich auf den Spielplänen aller anderen Ruhrgebietstheater Nichts zu diesem für unsere Region wichtigen und eigentlich identitätsstiftenden Ereignissen.
Der Eintritt zu alle Vorstellungen im Rahmen der Spielzeit beträgt immer noch sozialverträgliche 5.- Euro, nur die „Märzstürme an der brennenden Ruhr“ sind durch die freundliche Förderung der Buxus-Stiftung, Fritz Bauer Bibliothek der Menschenrechte, schon für 2,50 Euro zu sehen. Informationen zu allen Stücken und Kartenreservierung gibt es unter Te. 02 34 / 890 66 81 oder im Netz: www.theater-traumbaum.de.«
Freitag 07.02.20, 13:25 Uhr