Freitag 01.11.19, 21:16 Uhr
Redebeitrag auf der Demo Solidarität mit Rojava am 1. 11. 2019

Antifaschistischen Gruppe 5 und Seebrücke Bochum


Die SEEBRÜCKE ist eine internationale Bewegung aus der Zivilgesellschaft, entstanden durch die unsägliche Situation im Mittelmeer.

Wir solidarisieren uns mit allen Menschen auf der Flucht.

Es ist Unrecht, Menschen im Mittelmeer ertrinken zu lassen, um den eigenen Wohlstand zu sichern.

Es ist Unrecht, die Seenotretter*innen, die ihr eigenes Leben riskieren als Schleuser*innen und Verbrecher*innen zu diskreditieren.

Es ist Unrecht schweigend zuzusehen, wie die Schiffe der Seenotrettung, wie jüngst mit der Alan Kurdi geschehen ist, von libyschen Verbrechermilizen angegriffen werden.

Gegen dieses Unrecht kämpft die Seebrücke! Doch hiermit ist es nicht genug!

Wir fordern von der deutschen und europäischen Politik sofort sichere Fluchtwege, eine Entkriminalisierung der Seenotrettung und eine menschenwürdige Aufnahme der Menschen. Wir protestieren gegen das europäische Grenzregime, das auf Abschottung setzt und dass das massenhafte Sterben und Leiden an den EU-Außengrenzen bewusst in Kauf nimmt und aktiv mit verursacht.

Hier ist Europa in der Pflicht!

Menschen verlassen nicht freiwillig ihre Heimat. Häufig sind Krieg, Folter und Gewalt die Fluchtursachen. Allein in Syrien sind nach Angaben des UN HCR 6,6 Millionen Menschen innerhalb der Landesgrenzen auf der Flucht und 5,6 Millionen Menschen sind in die Nachbarländer Türkei, Libanon, Irak und Jordanien geflohen. In der Türkei leben circa 2 Millionen syrische Flüchtlinge, teilweise in überfüllten Lagern, teilweise jedoch auch mit Arbeit, Wohnung und Familie in den türkischen Städten.

Aktuell erreichen uns aus Nord-Syrien unbeschreibliche Bilder von blutigen Kämpfen, Hinrichtungen auf offener Straße und schwer verletzten Zivilisten, ja sogar kleinen Kindern. Während Ärzt*innen in oft improvisierten Krankenhäusern um das Leben der Verletzten kämpft, werden die Helferinnen und Helfer gezielt von den Truppen des Erdogan Regimes bombardiert. Die Menschenrechtsorganisation Medico international geht davon aus, dass die türkische Armee gezielt medizinische Versorgung von Zivilist*innen angreift.

Kurdische Organisationen sprechen von etwa 400 000 Menschen, die seit Beginn des völkerrechtswidrigen Angriffskrieges aus ihrer nord-syrischen Heimat fliehen mussten.
Nicht vergessen dürfen wir, dass die sogenannten westlichen Länder an der Entstehung der Fluchtursachen maßgeblich beteiligt sind, auch an der aktuellen Situation in Syrien. So stammt ein Drittel der militärischen Ausrüstung der Türkei aus Deutschland, u.a. Leopard-Panzer. Auch jetzt ist ein striktes Waffenembargo gegenüber „unserem NATO-Partner“ Türkei nicht in Sicht.

Mehr noch:
die Friedensnobelpreisträgerin EU schaut weg. Sie lässt sich von Erdogan, dem sie bis zu 3 Milliarden € zahlt, erpressen, da dieser sonst 3,6 Millionen Geflüchtete nach Europa schicken würde. Wieder werden Menschen zum Spielball und das Leben von Schutzsuchenden wird wissentlich in Kauf genommen. Dies ist nur ein weiteres Kapitel der desaströsen Migrationspolitik der EU, die jeden Tag neue Menschenleben fordert.

Doch diese Situation ist gewollt, die EU setzt an ihren Außengrenzen auf Abschreckung und Abschottung. Genau das ist auch der Grund für den Deal mit der Türkei. Es soll mit aller Macht versucht werden, schutzsuchende Menschen nicht in die EU zu lassen. Diese Politik der Abschottung hat unmittelbaren Einfluss auf die Situation in Nordsyrien.

Sie stärkt Erdogans Position und unterstützt ihn dabei seine Gebietsansprüche auszuweiten und seine Macht zu festigen.

Für eine weitere Abschottung nehmen die deutsche Bundesregierung und die EU die Kumpanei Erdogan-Regimes mit islamistischen Terrorbanden, die Menschenrechtsverletzungen und das Massensterben billigend in Kauf sowie den Angriffskrieg auf Rojava.

Dieser Angriff auf eines der progressivsten Projekte unsere Zeit, der radikaldemokratischen, feministischen und multiethnischen kurdischen Selbstverwaltung, dieser Angriff bringt keine Stabilität und Sicherheit in den Norden Syriens, er bringt das Gegenteil.

Wir sind heute hier, um gegen diesen Angriffskrieg und die unbeschreiblichen Gräueltaten unsere Stimme zu erheben. Wir fordern auch ein sofortiges Aufkündigen des Flüchtlingsdeals.

Gemeinsam mit unseren kurdischen Genoss*innen, zeigen wir den Menschen in Rojava das sie nicht allein sind. Gemeinsam tragen wir unsren Protest auf die Straße und fordern ein Ende des türkischen Angriffskriegs.

Wir gehen hier auch gegen die katastrophale Politik der EU und der deutschen Bundesregierung auf die Straße, und wir werden nicht müde, gemeinsam mit unseren vielen Bündnispartner*innen unsere Forderungen ganz, ganz klar zu machen:

Für das Recht zu gehen und zu kommen: Stoppt das Sterben!
Für das Recht zu bleiben: Stoppt Vertreibung und Abschiebung! Für das Recht auf Menschenrechte: Stoppt Rassismus!
Für das Recht nicht gehen zu müssen: Stoppt den Angriffskrieg auf Rojava!