Montag 01.04.19, 07:23 Uhr
Wehrmachtsverbrechen in Griechenland

Der Balkon



Am Freitag, 5. April 2019 um 19.00 Uhr zeigt die Initiative Hellas-Solidarität Bochum in Kooperation mit dem Kino Endstation und der Rosa-Luxemburg-Stiftung NRW den Dokumentarfilm „The Balcony – Memories of Occupation“ von Chrýsanthos Konstantinídis. Zum Hintergrund des Filmes schreibt die Initiative: »Ligiádes, ein Dorf in Épirus: wegen seiner wunderbaren Aussicht der „Balkon“ von Ioánnina genannt. Doch die Idylle kann die Geschichte eines Nazi-Verbrechens nicht verdecken, die ein deutscher Historiker im Film recherchiert und dokumentiert. Die Nachkriegsgenerationen hören durch ihn zum ersten Mal die Stimmen ihrer Vorfahren, die das Verbrechen beschreiben. Es sind Dokumente der Erinnerung und der Trauer vor dem Hintergrund eines kollektiven Traumas.

Ligiádes, Sonntag, 3. Oktober 1943: Die Hälfte der Dorfbewohner ist zur Walnussernte im Dorf Karyes in Zagori. 5 bis 6 Personen, Gäste einer Nomadenhochzeit und Verwandte des Bräutigams, sind am Berghang zu sehen. Sie wollen eine Braut abholen, nach lokalem Brauch. Am späten Nachmittag dringen deutsche Gebirgsjäger der Edelweiß-Division in das Dorf ein. Sie töten wahllos Babys, Kinder, Frauen, Alte, während die Häuser in Flammen aufgehen. Einige verbrennen bei lebendigem Leib. Stunden später kehren die übrigen Bewohner zurück und finden ihre Familien ‒verkohlt. Noch am folgenden Tag wird ein 14 Monate altes Baby von seinen Mitbewohnern gefunden, an der Brust seiner toten Mutter und erstochen von einem Bajonett.1989: Ein deutscher Historiker, Christoph U. Schminck-Gustavus, Professor für Rechtsgeschichte an der Universität Bremen, besucht das Dorf und nimmt die Zeugenaussagen auf Audiokassetten auf. Später in diesem Jahr recherchiert er in deutschen Militärarchiven.
2010: Schminck-Gustavus gibt nach Abschluss seiner Forschung u.a. das Buch „Feuerrauch: Die Vernichtung des griechischen Dorfes Lyngiádes am 3. Oktober 1943“ heraus.
2014: Bei einem offiziellen Besuch in Ligiádes bittet Bundespräsident Joachim Gauck im Auftrag der Bundesrepublik Deutschland erstmals nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs um Vergebung.
Der Regisseur des Films, Chrýsanthos Konstantinídis, hört die Geschichten von Ligiádes, seinem Heimatort. Um sie zu erzählen, beginnt er im Jahr 2013 Zeugnisse von Überlebenden und deren Nachkommen mit seiner Kamera festzuhalten. Zu diesem Zeitpunkt kennt er Christoph Schminck-Gustavus bereits und legt dessen Recherchen seinem Film zugrunde. Schließlich kehrt Konstantinídis mit umfangreichem Filmmaterial aus Ligiádes und Deutschland zurück.

Anschließend an den Film findet ein Gespräch mit dem Regisseur Chrysanthos Konstantinidis und Prof. Christoph Schminck-Gustavus statt. Gemeinsam wollen wir diskutieren, wie Traumata transgenerational weitergegeben werden, welche Folgen das lange Schweigen über die Verbrechen in Deutschland – aber auch in Griechenland – hat und ob es eine gemeinsame europäische Erinnerung geben kann.«

Der nachfolgende Trailer hat englischsprachige Untertitel. Bei der Veranstaltung läuft der Film mit deutschsprachigen Untertiteln.

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