Samstag 08.12.18, 19:05 Uhr

Gemeinwirtschaft als Gewinnwirtschaft?


Am Dienstag, den 11.12. findet um 18 Uhr im Raum 119, der Ev. Hochschule, Immanuel-Kant-Straße 18 ein Vortrag von  Prof. Norbert Wohlfahrt und Prof. Monika Burmester statt zum Thema „Gemeinwirtschaft als Gewinnwirtschaft? Widersprüche der Kommerzialisierung im Sozial- und Gesundheitswesen“. Die Veranstaltungsankündigung: Der Sozialstaat sieht sich im Bereich des Sozial- und Gesundheitswesens der sozialen Daseinsvorsorge verpflichtet. Dafür finanziert er soziale Dienste und regelt dezidiert die Bedingungen, unter denen diese Dienste agieren können und müssen (z.B. Fachkraftquoten). Der Bereich der sozialen Dienstleistungsproduktion wurde lange Zeit als Gemeinwirtschaft angesehen, die prinzipiell einer anderen Rationalität folgt als die einer privatkapitalistisch bestimmten Geschäftskalkulation.
Wenngleich das vom Grundsatz her nach wie vor gilt, so verfolgt der Sozialstaat durchaus auch im Bereich der sozialen Dienstleistungen das Anliegen, die von ihm durchgesetzten Versorgungsleistungen als Geschäftssphäre zu organisieren. Dabei gilt allerdings der Grundsatz, dass das Geschäft z.B. mit der Gesundheit nur dadurch funktioniert, dass ein Teil des Lohneinkommens der erwerbstätigen Bevölkerung für die entsprechenden Leistungen in Anspruch genommen wird.
Die Leistungsträger bewegen sich damit in einem widersprüchlichen System: Während sie auf der einen Seite wie ein normales am Markt agierendes Unternehmen konkurrenzfähige Produkte an Abnehmer adressieren (sollen), sind sie auf der anderen Seite auf die durch Knappheit an Finanzmitteln gekennzeichneten Kalkulationen öffentlicher Kassen (hier: Sozialversicherung) verwiesen.
Dieser Widerspruch entfaltet eine innere Dynamik, die das Handeln in der Gemeinwirtschaft prägt. Dort lassen sich (Lohn-)Kosten nicht umstandslos nach Maßgabe wirtschaftlicher Kalkulation beliebig variieren, die Produktion kann nicht beliebig ausgedehnt werden, und in Bezug auf ihre so genannte Wertschöpfung sind die Organisationen des Sozial- und Gesundheitswesens grundsätzlich auf sozialrechtliche Normen verwiesen, die sich sozialpolitischen und nicht ökonomischen Kalkulationen verdanken.
Zur Person:

Norbert Wohlfahrt:
Dipl. Soz.arb; Dr. rer soc, Prof. i.R. an der EvH RWL, zahlreiche Veröffentlichungen auf dem Gebiet der sozialen Dienstleistungspolitik, der kommunalen Sozialpolitik und Organisationsentwicklung sozialer Dienste.

Monika Burmester:
Dipl. Volkswirtin, Dr. rer. pol., bis Ende August 2018 Professorin für Ökonomie des Sozial- und Gesundheitswesens an der EvH RWL, Publikationen zur Sozialberichterstattung und Sozialplanung, zum freiwilligen Engagement sowie zum Social Entrepreneuship und Impact Investing.