Montag 27.10.14, 15:19 Uhr
Sevim Dagdelen zur Wahl in der Ukraine:

„Faschistische Gefahr nicht gebannt“


„Wer von einer schwindenden rechten Gefahr in der Ukraine spricht, hat das Wahlergebnis nicht verstanden. Mit Oleg Ljaschkos Radikaler Partei ist mindestens eine offen faschistische Partei in Fraktionsstärke in der zukünftigen Rada vertreten, der Swoboda kann auch noch der Sprung über die Fünfprozenthürde gelingen. Gewichtiger ist aber, dass sich auf der Kandidatenliste von Premier Jazenjuk, die zurzeit bei den ausgezählten Stimmen in Führung liegt, sich auf zwei der ersten vier Plätze prominente Rechtsextreme befinden“, erklärt die Bochumer Bundestagsabgeordnete Der Linken Sevim Dagdelen anlässlich der gestrigen Wahl zum ukrainischen Parlament. Dagdelen weiter:
„Die faschistische Gefahr in der Ukraine ist nicht gebannt. Mit Oleg Ljaschko zählt zu den Wahlgewinnern ein Fanatiker, der im Wahlkampf mit Foltervideos auf Stimmenfang ging. Die bisher an der Regierung beteiligte faschistische Swoboda-Partei kann auch noch den Einzug in die Rada schaffen. Mit der so genannten Volksfront des neoliberalen Putschpremiers Jazenjuk scheint eine Partei stärkste Kraft zu werden, die auch landesweit bekannte Faschisten prominent auf ihrer Kandidatenliste vertreten hat. Mit Tatjana Tschornowol auf Platz 2 zieht über Jazenjuks Liste eine Frau ins Parlament, der die faschistische Miliz UNA-UNSO nicht radikal genug war und die sie deswegen verließ. Andrij Parubij, der 1991 die faschistische Sozial-Nationale Partei der Ukraine begründete, auf Platz 4 der Volksfront, rückt ebenso mit in die Volksvertretung. Kommandeure faschistischer Freikorps spielen in der Volksfront eine gewichtige Rolle. Von einem Ende der faschistischen Gefahr in der Ukraine kann nicht die Rede sein.
Ein Signal des Friedens und der Versöhnung mit der Ostukraine geht ebenso wenig von dem Urnengang aus. Mit der Volksfront, Oleg Ljaschkos Radikaler Partei und der wirtschaftsliberalen Selbsthilfe-Partei haben die Kräfte die Wahl gewonnen, die auf eine Fortsetzung des Krieges im Donbass setzen. Der Umstand, dass in allen Gebieten, in denen Minderheiten einen Großteil der Bevölkerung ausmachen, wie beispielsweise in Odessa, die Wahlbeteiligung am niedrigsten war, ist ebenso ein schlechtes Signal für einen künftigen Zusammenhalt der Ukraine.
Besonders bedauere ich, dass die seit Gründung der Ukraine stets im Parlament vertretene Kommunistische Partei der Ukraine nicht erneut den Einzug ins Parlament schaffte. Das Verbotsverfahren sowie das in Teilen der Westukraine ausgesprochene Tätigkeitsverbot, wie auch die Zerstörung von Büros durch faschistische Anschläge, haben dabei mitgeholfen, die KP aus dem Parlament zu drängen.
Was die Ukraine jetzt braucht, ist ein Aussöhnungsprozess, an dem alle Teile des Landes beteiligt werden. Die Bundesregierung sollte ihr Augenmerk auf die Stabilisierung der Ukraine legen und nicht weiter mit einer marktradikalen Politik des EU-Assoziierungsabkommens gerade diejenigen Kräfte stärken, die an einer Fortführung des Krieges in der Ost-Ukraine interessiert sind.“