Dienstag 30.09.14, 19:32 Uhr
Die Medizinische Flüchtlingshilfe Bochum fordert:

Übergriffe auf Flüchtlinge schnellstens aufklären und zukünftig verhindern


Die Medizinische Flüchtlingshilfe Bochum ist entsetzt angesichts der grausamen Vorfälle in nordrhein-westfälischen Flüchtlingsunterkünften und erklärt: »Mehrere Flüchtlinge wurden dort von teils vorbestraften Mitarbeitern privater Sicherheitsfirmen geschlagen, gedemütigt und schikaniert. Die Medizinische Flüchtlingshilfe Bochum unterstützt die Einschätzung von Pro Asyl, wonach diese Gewaltakte als Form von Folter bezeichnet werden können. Hierzu trägt neben der massiven physischen Gewalt insbesondere der Aspekt der Demütigung und des gezielten Angriffs auf die Menschenwürde bei, der durch Bild- und Videomaterial, das die Täter selbst anfertigten, belegt ist. Auf einem der Fotos sind zwei Wachleute der Firma European Homecare, einem der größten Betreiber von Flüchtlingsunterkünften in Deutschland, zu sehen. Einer der Wachleute tritt einem gefesselten und auf dem Boden liegenden Flüchtling mit einem Fuß in den Nacken.
Die Arbeit des Personals der Firma European Homecare, die in NRW sechs Erstaufnahmeeinrichtungen betreibt, unterliegt einer offensichtlich mangelhaften Kontrolle, wodurch ermöglicht wurde, dass die gewaltsamen Übergriffe gegen Flüchtlinge zwei Wochen lang ungehindert fortgesetzt werden konnten: Die Verträge mit der Firma European Homecare schließen die Beschäftigung von Subunternehmen nicht aus. Dadurch besteht keine Möglichkeit, die Qualifikation des eingesetzten Personals zu überprüfen, womit prinzipiell auch vorbestrafte MitarbeiterInnen mit der Beaufsichtigung von Menschen, die oftmals schwer traumatisiert in Deutschland ankommen, beauftragt werden können. Dieses Vorgehen muss sofort ein Ende haben und darf weder mit dem Kostendruck der Kommunen noch mit der gestiegenen Zahl an Flüchtlingen in NRW gerechtfertigt werden.
Die Mitgliederversammlung der Medizinischen Flüchtlingshilfe Bochum fordert hiermit:

  • die zügige und vollständige Aufklärung der Vorfälle.
  • die sofortige Kündigung aller MitarbeiterInnen von Heimbetreiber-Firmen, die durch Gewalt oder Schikanen gegenüber Flüchtlingen aufgefallen sind.
  • die Sicherstellung, dass diese MitarbeiterInnen zukünftig nicht mehr im Zusammenhang mit Flüchtlingen beschäftigt werden.
  • die Kündigung der laufenden Verträge mit der Firma European Homecare und anderer privater Sicherheitsfirmen, die gegen Standards für den Betrieb von Flüchtlingsunterkünften verstoßen.
  • die Sicherstellung, dass die Standards auch bei der Beschäftigung von Subunternehmen eingehalten werden.
  • strenge Kontrollen in Bezug auf persönliche Eignung und fachliche Qualifikation des beschäftigten Personals.
  • Einführung eines Beschwerdemanagements.
  • die Ausschöpfung der Möglichkeiten für eine Unterbringung in Privatwohnungen, um Retraumatisierungen durch Wachpersonal sowie andere ungünstige Lebensumstände in den vielfach überbelegten und lauten Flüchtlingswohnheimen zu verhindern.«