Mittwoch 30.01.13, 20:29 Uhr
Sevim Dagdelen zum heute veröffentlichten Migrationsbericht:

„Nützlichkeitsrassismus zeigt Wirkung“


„Die meisten Menschen kommen nicht wegen sondern trotz des schlechten integrationspolitischen Klimas nach Deutschland. Willkommen sind nur die, die für die deutsche Wirtschaft ‚nützlich‘ sind. Die Tore der Festung Deutschland werden lediglich für die von der deutschen Wirtschaft als ‚nützlich‘ und ‚erwünscht‘ betrachteten Migranten einen Spalt geöffnet. Allen anderen bleibt nur der irreguläre Weg nach Deutschland“, so die Bochumer Bundestagsabgeordnete Der Linken Sevim Dagdelen anlässlich des heute veröffentlichten Migrationsberichts. Dagdelen weiter: „Die Bundesregierung feiert die verstärkte Migration von Fachkräften nach Deutschland als Erfolg. Getreu dem Motto, ‚die Wirtschaft braucht mehr Ausländer, die ihr nützen‘, soll durch billigere ausländische Fachkräfte die Konkurrenzsituation auf dem Arbeitsmarkt verschärft werden. Die 2012 beschlossene ‚Blue Card‘ ist da ein weiterer Schritt in Richtung Lohndumping.
So liegt das Einstiegsgehalt von Fachkräften in Deutschland bei rund 48.000 Euro. Da nun die Zuwanderungsgrenze bei 42.000 Euro liegen soll, ist sie deutlich unter dem Durchschnittsverdienst einer Fachkraft von 65.000 Euro und auch unter dem jetzigen Einstiegsgehalt. Bei Ingenieuren oder Ärzten liegt die Hürde nun gerade bei 35.000 Euro. Die Auswirkungen auf die Herkunftsländer sind der Bundesregierung egal. Das zeigt sich auch beim Umgang mit der Schutzregelung der 2012 beschlossenen Blue-Card-Bestimmungen. Diese soll zur angeblichen Verhinderung eines brain drain von Fachkräften dienen, die vor Ort benötigt werden. Doch sie ist ein pures Feigenblatt und soll keine Wirksamkeit entfalten. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf meine Schriftliche Frage 12/290 hervor. Deutschland bedient sich nach purem Eigennutz und ohne Rücksicht auf die Folgen für das jeweilige Herkunftsland des weltweiten Fachkräftepersonals und schottet sich zugleich vor unerwünschter Migration ab.
Betroffen sind von diesem Nützlichkeitsrassismus auch und vor allem Flüchtlinge, die kaum noch legale Möglichkeiten haben, in Deutschland Schutz zu suchen. Sie können fast nur noch irregulär nach Deutschland kommen. Diese Kriminalisierung von Flüchtlingen muss aufhören. Wer aus politischen oder ethnischen Gründen, wegen des Geschlechts oder der sexuellen Orientierung verfolgt wird, wer um seine körperliche Unversehrtheit oder gar um sein Leben fürchten muss und sich auf der Flucht befindet, darf nicht abgewiesen werden. Und wer Fachkräfte braucht, muss sie ausbilden und gut bezahlen, egal ob sie aus Deutschland oder aus dem Ausland kommen.“