Samstag 21.04.12, 12:08 Uhr
Mittwoch, 25. April um 19.15 Uhr im Endstation-Kino:

Viridiana von Luis Buñuel


Der Speisesaal eines spanischen Herrensitzes ist Schauplatz einer Orgie: an festlich gedeckter Tafel sitzen Diebe, Bettler, Blinde, Zwerge und Aussätzige, volltrunken. Ein Pärchen will sich gerade verziehen, als jemand vorschlägt, ein Foto zu machen: Das Gruppenbild friert zum erstarrten „Abendmahl“ Leonardo da Vincis ein. Totenstille, draußen kräht ein Hahn, die Frau, die das Foto macht, wirft sich den Rock über den Kopf. Das „Halleluja“ aus Händels Messias setzt ein. Diese ein Sakrament und zwei Hauptwerke abendländischer Kunst gleichermaßen verhöhnende Szene ist einem Film entnommen, den 1961 das erzkatholische Franco-Spanien nichtsahnend zu den Filmfestspielen nach Cannes schickte, dessen Aufführung aber, nachdem er die Goldene Palme erhalten hatte, in Spanien umgehend unterbunden wurde.
Das krass anti-christliche Kunstwerk, zunächst auch für die deutschen Kinobesucher verstümmelt, sieht einer gottergebenen Frau beim Scheitern ihrer Bemühungen, einen Landsitz in ein Asyl umzugestalten, zu; ihre praxis pietatis, ihre christlichen Lebensbemühungen werden im Film nicht etwa nur auf die Probe gestellt, sondern verkehren sich in ihr Gegenteil –  zu einem Laster, für den, der sie ausübt, und für den, dem sie gelten.
Es ist nicht die sogenannte freizügige Darstellung von Sexualität wie in „La Dolce Vita“ oder „Das Schweigen“, die den Film zu einer Provokation werden ließen, sondern die ins Bild gesetzte Auffassung, dass eine erlösungsfundierte Moral pervertiert sei und immer neue Perversionen produziere.
Der katholische „Filmdienst“ urteilt 1962 ein bisschen gereizt: “ Buñuel zeigt sich abgründig vom Bösen fasziniert und getrieben von sadistischer Lust. Er verdient unser Mitleid“.

Mittwoch, 25. April um 19.15 Uhr im Endstation-Kino

Spanien, Mexico,  1961. R: Luis Buñuel. B: Luis Buñuel, Julio Alejandro.
Mit: Francisco Rabal, Silvia Pinal, Fernando Rey. s/w. 88Min. FSK: 12.