Donnerstag 09.06.11, 22:00 Uhr

Bochumer SchülerInnen wollen streiken


Ein offener Zusammenschluss aus Bochumer SchülerInnen ruft für den 1. Juli zu einem Schulstreik auf. Hiermit möchten sie „auf Missstände im deutschen Schulsystem hinweisen, sowie die Schüler_innen dazu ermuntern, sich gegen die zahlreichen Schikanen im Schulalltag zu wehren.“ Treffpunkt ist um 10 Uhr am Bochumer Hauptbahnhof. „Die Wenigsten von uns gehen gerne zur Schule. Das hängt damit zusammen, dass hier unsere eigenen Bedürfnisse keine Beachtung finden. Für uns jedoch ist es mit einem einfachen „es muss ja sein“ nicht getan. Wir wollen die Verhältnisse so verändern, dass Bildung endlich wieder unseren eigenen Horizont erweitert, anstatt das sie wirtschaftlichen Zwecken unterworfen wird.“ So Esma Sezer, Pressesprecherin des Schulstreik Plenums.
In einer Presseerklärung heißt es: »Im deutschen Schulsystem werden Kinder bereits mit 10 Jahren mit knallharter Konkurrenz und Leistungsprinzipien konfrontiert. Zusätzlich spielt die soziale Herkunft eine große Rolle darüber, welche Chancen Kinder in der Schule und auf dem Arbeitsmarkt bekommen. In keinem anderen Industrieland ist dies so stark der Fall wie in Deutschland. Das Schulstreikbündnis fordert daher eine integrative Gemeinschaftsschule für alle, um der sozialen Ungerechtigkeit entgegen zu wirken. Darüber hinaus soll das in der Schule vorherrschende Konkurrenzprinzip mit all seinen Symptomen, sprich Noten, Klassenarbeiten usw. in Frage gestellt werden.
Das Schulstreikbündnis ist der Ansicht, dass Bildung der Herausbildung kritischer und mündiger Individuen dienen sollte, anstatt angepasstes „Humankapital“ (J. Rüttgers u.v.A.) zu produzieren. Dies erfordert, dass Schüler_innen mitbestimmen dürfen was und wie sie lernen. Doch diejenigen, für die die Schule ja eigentlich da ist, nämlich für die Schüler_innen, haben dort am wenigsten zu sagen. Egal ob es um den Stundenplan, das Schulgelände oder um den im Unterricht zu behandelnden Stoff geht. Das alles wird von Politiker_innen und den ausführenden Lehrer_innen über den Kopf der Schüler hinweg entschieden. Daher fordert der Schulstreik mehr Mitbestimmung in der Schule, anstatt nur die in Form von SVen bestehende Scheinteilhabe.
Jeglichen Einfluss der Wirtschaft auf die Bildung will der Schulstreik eine Absage erteilen. Denn wirkliche Bildung würde unmöglich wenn es nur noch um wirtschaftliche Prinzipien wie Gewinne geht. Aus eigener Erfahrung wissen Schüler_innen, wie wenig es im Unterrichtsalltag in der Schule um Bildung geht, sondern viel mehr um die Frage, was auf dem Arbeitsmarkt gefragt ist. Die Schüler_innen passen sich diesem Prinzip an. So geht es den Meisten nicht darum, im Unterricht irgendetwas zu lernen, sondern vielmehr, eine gute Note zu kriegen. Dabei bedeutet das ursprüngliche Wort für Schule (scholé) eigentlich „Muße“ und die Bildung zeichnete sich gerade dadurch aus, dass sie nicht „verzweckt“ war.
„Mit dem Schulstreik wollen wir nicht zuletzt den Streit um politische Inhalte wieder zurück in die Schulen tragen. Uns ist klar, dass sich vieles ändern muss um wirkliche Bildung zu ermöglichen -nicht nur in der Schule, sondern auch in der restlichen Gesellschaft. Doch genau hier stehen wir als junge Menschen in der Verantwortung, die Dinge zum Besseren zu verändern und das, indem wir unser Schicksal selbst in die Hand nehmen, anstatt uns auf Politiker und wirtschaftliche Akteure zu verlassen.“ So Sezer weiter.«