Dokumentiert: Abschalten – sofort – weltweit! Ruhrgebietsweite Großdemonstration in Essen, 2. April 2011
Sonntag 03.04.11, 17:33 Uhr

Die Rede von Eckhard Stratmann-Mertens, attac Bochum, vor dem RWE-Turm


(Der Text ist die Rekonstruktion einer freien Rede.)

Liebe Gegner und GegnerInnen der Atomenergie,

liebe Gegner und GegnerInnen von RWE!

Schaut auf diesen Turm von RWE. Er ist das Phallussymbol der Atommacht in Deutschland.

Die Klage von RWE gegen die vorübergehende Stilllegung von Biblis A ist nicht nur eine Kampfansage an die Anti-Atom-Bewegung, nein, sie ist eine Kampfansage an die Mehrheit der Bevölkerung; sie will, wie die Wahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz gezeigt haben, raus aus der Atomenergie.

Diese Kampfansage des aggressivsten Teils der Atomwirtschaft in Deutschland muss eine Zuspitzung unserer Forderungen zur Folge haben. Es reicht nicht mehr, nur die „Abschaltung aller Atomkraftwerke – jetzt !“ zu fordern. Der Kampf muss gegen die Atomkonzerne selbst, allen voran RWE, zugespitzt werden. Wir fordern die Entmachtung von RWE und der drei anderen Energiekonzerne E.ON, Vattenfall und EnBW.

Nach dem Zweiten Weltkrieg ist der Chemieriese IG Farben, der eng mit dem Nazi-Reich verbunden war, von den Siegermächten entmachtet und entflochten worden. In dieser Weise muss auch RWE entflochten werden:

  • Das Stromnetz muss eigentumsrechtlich von der Stromproduktion getrennt werden.
  • Die Atomenergiesparte muss sofort stillgelegt werden.
  • Die Förderung und Verstromung von Braunkohle muss sobald wie möglich beendet werden. Ganze Ortschaften werden vertrieben, um an die billige und extrem klimaschädliche Braunkohle zu kommen.
  • Und mittel- bis langfristig muss auch die Verstromung von Steinkohle beendet werden.

Vor 26 Jahren, im Februar 1985, fand hier in Essen ein dreitägiges RWE-Tribunal statt. Dort wurde von den verschiedensten Initiativen die vielfältige Geschäftspolitik von RWE vor einer Jury angeklagt und schließlich verurteilt. Ich rege an, im Sommer dieses Jahres wiederum ein solches RWE-Tribunal durchzuführen. RWE gehört auf die Anklagebank!

Wir sollten den Werbeslogan von RWE „VoRWEg gehen“ umkehren: Es muss heißen:
„RWE – WEG !“ RWE muss weg!

Wir brauchen für die EnergieWende eine kommunale, dezentrale Energiestruktur und Ökostromanbieter. Wer bis heute noch nicht zu einem atomstromfreien Ökostromanbieter gewechselt ist, sollte das schnell nachholen.

Noch ein Wort zum Zeitrahmen des Atomausstiegs.

SPD-Gabriel gibt das Jahr 2020 an, bis zu dem die Atomkraftwerke abgeschaltet sein sollen. Sie sollen also noch zehn Jahre weiter betrieben werden können.
Die Grünen geben das Jahr 2017 an für das Ende des Ausstiegs, also noch sieben weitere Jahre atomares Risiko.
Greenpeace – so haben wir eben gehört – peilt das Jahr 2015 an.
Dies ist alles zu lang. Wir fordern den Sofortausstieg aus der Atomenergie. Schon in diesem Jahr können elf Atomkraftwerke endgültig abgeschaltet werden. Acht AKWs liegen derzeit schon still; drei weitere können sofort dazu kommen. Und die übrigen sechs AKWs können und müssen in den Jahren 2012 bis spätestens 2013 endgültig abgeschaltet werden.

Der Sofortausstieg bis 2013 ist möglich. Dies zeigt eine Kurzstudie des Öko-Instituts Freiburg-Darmstadt-Berlin nach Fukushima [www.oeko.de], die sehr konservativ gerechnet ist. Und dies ohne eine Stromlücke, ohne den Import von Strom, und natürlich ohne den Import von französischem Atomstrom. Und das Ganze kostet einen Vierpersonenhaushalt im Jahr 20 Euro an Stromkosten mehr, das sind 1 Euro70 pro Monat, also weniger als ein Bier. Darauf sollten wir es ankommen lassen.

Ich habe vor vierzig Jahren in Frankfurt studiert. Dort stand damals – und er steht auch heute noch – ein Universitätsturm; wir Studierenden nannten ihn den „Uni-Pimmel“. Jedes Symbol braucht einen Namen. Wir haben den Uni-Pimmel von Frankfurt, den Schiefen Turm von Pisa und hier vor uns den „Atom-Pimmel von Essen“.

Wir werden ihn gleich umzingeln und ihm den Saft abwürgen.
Danke.

Die Rede als PDF-Datei.