Donnerstag 04.02.10, 15:00 Uhr

Hintergrundinformationen zu Haiti


Der Bahnhof Langendreer und der AK Lateinamerika laden am Mittwoch, den 17. 2. um 19.30 Uhr zu einer Veranstaltung ein zum Thema: Haiti: „Es ist ein Fluch, aber kein Schicksal“ . Dies ist ein Zitat des Haiti-Experten Claude Ribbe in der FR (15.1.10) über das Ausmaß der Erdbebenkatastrophe; auch der uruguayische Schriftsteller Eduardo Galeano spricht von einem Fluch in Zusammenhang mit der ersten schwarzen Republik dieser Welt – allerdings vom „Weißen Fluch„. In der Einladung heißt es: »Seit langem herrscht Verzweiflung in Haiti. Von den Kolonialherren ausgebeutet und beraubt, unter den Diktaturen der Duvaliers terrorisiert, lebt der größte Teil der Bevölkerung heute in bitterer Armut, unter elendigen Bedingungen, in notdürftigen Blechunterkünften, kaum mit „Hütten“ zu beschreiben, wo es weder Wasser noch Abwasser gibt. Gesundheitsversorgung oder Bildungschancen für die Armen – Fehlanzeige! Seit Jahren sind viele Menschen in Haiti gezwungen, „Lehmkuchen“ zu essen, ein euphemistischer Ausdruck dafür, dass sie sich buchstäblich von Dreck ernähren müssen.
All dies konnten wir wissen, all dies hätte schon lange im reichen Teil der Welt eine Welle von Betroffenheit bewirken müssen. Aber es brauchte erst das Erdbeben „unvorstellbaren Ausmaßes“, um Mitgefühl und Hilfsbereitschaft zu mobilisieren.
Die Hilfswelle läuft, und mit ihr all die positiven und negativen Begleiterscheinungen. Selbstverständlich ist es positiv, wenn Menschen angesichts einer solchen Katastrophe ihre eigenen – vergleichsweise geringen – Sorgen hintan stellen, Geld, Zeit und Kraft spenden, um erste Hilfe zu leisten. Als soziokulturelles Zentrum begrüßen wir auch ganz besonders, wenn KünstlerInnen mit ihrer Arbeit einen Beitrag dazu leisten. Doch, wie leider immer wieder bei solchen Katastrophen, können die negativen Seiten kaum übersehen werden: Von paternalistischen Attitüden den armen Ländern gegenüber, über die Bedienung eigener Eitelkeit mancher Helfer, Stars, die sich bei Galas vor allem selbst in Szene setzen bis hin zu Verbrechen wie aktuell Kinderklau und Menschenhandel unter dem Vorwand der selbstlosen Fürsorge angeblicher Waisen, ist es derzeit die Militarisierung der Hilfe, die uns besonders Anlass zu Besorgnis gibt.
Die mediale Begleitung ist zwar, verglichen mit der Tsunami Katastrophe 2004 in Südaostasien, vorsichtiger und z.T. differenzierter – auffällig ist aber doch, dass von Anfang an die Hilfe durch medizinische Fachkräfte aus Cuba, die seit Jahren vor Ort sind und Basisgesundheitssysteme fördern, in der westlichen Presse fast nicht erwähnt wurde. Auch von eigenen Aktivitäten der haitianischen Bevölkerung hörten wir kaum etwas.
Von medico international erfahren wir: „… Bei allem Respekt für die Suchhunde, die aus aller Welt eintrafen – die meisten Menschen werden von ihren Nachbarn aus den Trümmern befreit. Die Selbsthilfe ist ein erster Schritt zur Bewältigung der Katastrophe.
(Siehe dazu http://www.medico.de/themen/vernetztes-handeln/blogs/medico-hausblog/2010/01/23/94/)
Auch in Bochum gab es Beispiele von großer Hilfsbereitschaft, doch auch hier wurde die haitianische Bevölkerung meist auf ihre Opferrolle reduziert; auch hier blieb die Hilfe Cubas weitgehend unerwähnt, obwohl die überregional angesehene „Humanitäre Cuba Hilfe“ darüber informierte und zur Hilfe zur Selbsthilfe aufrief. Siehe: www.hch-ev.de/projekte/2010/cuba_hilft_haiti.html
Die große Hilfsbereitschaft ebenso wie die übliche „Hilfsmaschinerie“ ist Anlass für unsere Veranstaltung zum Thema. Wir wollen innehalten und eine Bestandsaufnahme versuchen:
Wie sieht die Situation – über die verbreiteten Schreckensbilder hinaus – aus?
Welche Möglichkeiten bestehen für Selbsthilfeansätze in Haiti?
Welche für eine regionale Hilfskoordination (v. a. Cuba und Dom.Rep.)?
Wir haben Uli Mercker, Soziologe und Publizist aus Bonn, Kenner der Region und engagiert in der internationalistischen – und Friedensbewegung, zu dieser Bestandsaufnahme eingeladen. Gemeinsam mit ihm wollen wir diese Fragen klären und eine Einschätzung der verschiedenen Hilfsansätze und auch Aspekte der „Maschinerie“ versuchen.«