Die Organisatorinnen des Bildungsstreiks in Bochum schreiben: »Am Dienstag, 24. November, um 4.45 Uhr räumte eine Hundertschaft der Bochumer Polizei das seit dem letzten Donnerstag im Zuge des bundesweiten Bildungsstreiks besetzt gehaltene Audimax der Ruhr Universität Bochum (RUB). Die rund 40 Studierenden, die zu dem Zeitpunkt im Gebäude waren, leisteten keinerlei Widerstand. Dennoch wurden drei Studierende vorläufig festgenommen und zur Hauptwache der Polizei gebracht. Was ihnen vorgeworfen wird, ist noch unklar. „Es ist beschämend für die größte Universität des Ruhrgebiets, dass das Rektorat Polizeigewalt gegenüber Studierenden einsetzt und damit versucht, die gerade begonnene Debatte um die Verbesserung der Studienbedingungen im Keim zu ersticken“, kommentiert Benjamin Bettinger, Referent für Hochschulpolitik im AStA der RUB. mehr…
Um 16.00 Uhr startet am heutigen Dienstag, den 24. 11., vor dem Audimax der Ruhr-Uni eine Demonstration: Gegen die gewaltsame Räumung des Audimax und für den Bildungsstreik!
Der Rektor der Ruhr-Uni, Elmar Weiler, lässt gerade das Audimax durch eine Hundertschaft der Polizei räumen. Von den BesetzerInnen haben sich ca. zwanzig dafür entschieden, den Raum nicht freiwillig zu verlassen.
Herzlich danken wir allen,
die sich in ihrer Trauer mit uns verbunden fühlten,
mit uns Abschied nahmen
und ihre Anteilnahme in liebevollen Briefen,
persönlichen Worten und Gesten
zum Ausdruck brachten.
Zugleich möchten wir uns herzlich für die
zahlreichen Spenden an die VVN bedanken.
Marianne
Lina und Sara
Nana, Annette und Jutta
Am Donnerstag, den 26. November um 19.00 Uhr lädt das AStA-Referat für Kritische Wissenschaften an der Ruhr-Uni im HGA 20 zu folgender Veranstaltung ein: „Nationales Vergangenheitsrecycling – Die postnazistische Allianz der Generationen im deutschen Kollektiv.“ Referentin ist Sonja Witte. In der Einladung heißt es: »â€šAufarbeitung deutscher Geschichte‘ verbindet derzeit als moralischer Bezugspunkt nationale Ideologie mit der Idee einer Versöhnung der Generationen. Die Referenz auf die deutschen Verbrechen, auf Auschwitz, ist dabei zentral. Neben die fortwährende Stilisierung der Deutschen als Opfer tritt seit den 90ern die Integration von Auschwitz in die kulturindustrielle deutsche Erinnerungsarbeit als gesellschaftlichem ,Kitt‘, in der die Nation zum kollektiven Objekt der Identifizierung wird. Die neue Unbefangenheit im Umgang mit der Geschichte, in der Auseinandersetzung mit den Erfahrungen der eigenen Großeltern, der Wunsch, bei der Weltmeisterschaft auch einmal unbeschwert „schwarz-rot-geil“ zu sein, macht die dritte TäterInnengeneration zum Protagonisten des postnazistischen Nationalgefühls. mehr…
Der AStA der Ruhr Uni schreibt: »Die ersten Verhandlungen zwischen dem Rektorat und der Studierendenvertretung an der Ruhr-Uni sind ergebnislos geblieben. Auf der Vollversammlung am vergangenen Donnerstag stellten die über 3.000 anwesenden Studierenden zahlreiche Forderungen zur Verbesserung der Studiensituation an Bund, Land und Rektorat auf. Am Montag kam es nun zum ersten Gespräch zwischen Prof. Dr. Uta Wilkens (Prorektorin für Lehre) und dem AStA-Vorsitzenden Karsten Finke als Vertreter der Studierenden. „Frau Wilkens diffamierte den Protest als illegitim und illegal und ist nur zu Kompromissen bereit, wenn wir das Audimax verlassen“, so Finke. „Sie hat angeboten, Arbeitskreise einzurichten, um die Studienordnungen zu verbessern.“ Möglich wären so eine Flexibilisierung der Anwesenheitspflicht und der Studiendauer im Bachelor/Master. Unter diesen Umständen sind die Studierenden allerdings nicht bereit, das Audimax zu verlassen. „Unsere Forderungen sind viel weitreichender, so leicht lassen wir uns nicht vertreiben“, kommentiert eine Protestlerin den Vorschlag des Rektorats.
Beim Thema Studiengebühren gab es keine Kompromissbereitschaft seitens der Prorektorin. Das Geld sei notwendig und daher bestünde kein Gesprächsbedarf. Der Protest der Studierenden wird somit auf unbegrenzte Zeit fortgesetzt. Eine offizielle Stellungnahme der Universitätsleitung zu ihrem Vorgehen gibt es weiterhin nicht. Die Studierenden im Audimax müssen also weiter eine polizeiliche Räumung fürchten. «
Der AStA der Ruhr-Uni und die OrganisatorInnen des Bildungsstreiks in Bochum hatten heute Mittag ins Audimax der RUB zu einer Podiumsdiskussion geladen. Als erster Redner unterstrich Joachim Beyer, Personalrat der RUB und Sprecher von ver.di an der Uni, dass es die gleiche Politik und z. T. die selben Gesetze sind, die Studierende und Beschäftigte betreffen. Er erinnerte an die Entmachtung des Senates durch das „Hochschulfreiheitsgesetz“. Die Leitung der Uni gleiche nun dem Aufsichtsrat eines Unternehmens. Mitwirkungsrechte wurden abgeschafft. Als nächster erinnerte Rainer Einenkel, Betriebsratsvorsitzender der Bochumer Opel-Werke daran, wie wichtig die Solidarität unter den verschieden Gruppen ist, die für soziale Gerechtigkeit kämpfen. Die Ruhr-Uni, so Rainer Einenkel, sei eigentlich ein Symbol für die Öffnung der Universitäten für Kinder aus Arbeiterfamilien gewesen. Studiengebühren seinen nun eine Hürde, um diese Gruppe wieder auszuschließen. Brigitte Ponath, Geschäftsführerin des Paritätischen Wohlfahrtsverbands, erläuterte, welche Kürzungsvorschläge die Stadtverwaltung für den Bereich der vorschulischen Erziehung vorgelegt hat. Hier werde gehandelt, als hätte es die Pisa-Studien nicht gegeben. Sie machte deutlich, dass gerechte Bildungschancen von der Kita bis zum Studium noch keinen Systemwechsel bedeuten und verwies auf Vorbildliches in Skandinavien. Aber es lohne sich, hierfür gemeinsam zu kämpfen. Rolf Geers Geschäftsführer des Kinder- und Jugendringes, zählte kommunale und landespolitische Beispiele auf, wie wenig die politisch Verantwortlichen sich an getroffene Absprachen halten. Die Mittel für Jugendförderung seien in den letzten Jahren um 40 Prozent gekürzt worden. Michael Hermund, DGB-Vorsitzender der hiesigen Region, machte auf einen weiteren Ausbildungsskandal aufmerksam. Im letzten Jahr hätten nur die Hälfte der Jugendlichen, die eine Ausbildung suchten, auch eine Lehrstelle erhalten. Die Betriebe hätten auf ihrer Verantwortung für die Ausbildung gepocht. Jetzt werden sie dieser Verantwortung nicht gerecht. Aus dem Publikum kam ein Beitrag, der hervor hob, dass diese Veranstaltung ein ermutigendes Signal sei: Die verschiedenen Gruppen, die gegen Sozialabbau kämpften säßen an einem Tisch. In diesem Sinne bedankte sich auch der AStA-Vorsitzende Karsten Finke bei Podium und Publikum. Diese Gemeinsamkeit müsse gepflegt werden. Siehe auch Bericht der Ruhrbarone.
Am morgigen Dienstag um 20:05 Uhr sendet der WDR 5 das Hörstück „Rein statistisch“ von Frank-Patrick Steckel. 1986 bis 1995 war Steckel Intendant des Schauspielhauses Bochum. Der WDR schreibt in der Vorankündigung: »Der Zustand der Welt lässt sich kaum eindeutiger, einprägsamer und unausweichlicher abbilden als mit Zahlen. Vielleicht werden deshalb regelmäßig Statistiken herausgegeben und nahezu jedes Phänomen statistisch erfasst. Doch so eindeutig sie sind, so wenig Beachtung finden sie – obwohl Statistiken doch so nachdrücklich zeigen, wie schlecht es um unsere Welt bestellt ist. Das Hörstück „Rein statistisch“ macht sich offizielle Zahlen zu eigen und lässt sie von Laien auf der Straße sprechen, um die Distanz zwischen dem nüchternen Zahlenwerk einerseits und der individuellen Alltagserfahrung andererseits aufzulösen.« Nach dem Hörspiel überträgt der WDR eine Live-Diskussion mit Christoph Butterwegge und Frank-Patrick Steckel. Näheres. Hörprobe.
Der AStA der Ruhr-Uni und die OrganisatorInnen des Bildungsstreiks in Bochum laden für Montag, 23.11., 12.00 Uhr ins Audimax der RUB zu einer Podiumsdiskussion ein. TeilnehmerInnen sind: Joachim Beyer, Personalrat der RUB, Vorsitzender des Fachbereiches Bildung, Wissenschaft und Forschung bei ver.di Bochum – Herne; Rainer Einenkel, Betriebsratsvorsitzender der Bochumer Opel-Werke; Michael Hermund, DGB-Vorsitzender Ruhr-Mark; Brigitte Ponath, Geschäftsführerin des Paritätischen in Bochum; Rolf Geers, Geschäftsführer des Kinder- und Jugendringes Bochum; Diskussionsleitung: Benjamin Bettinger, AStA der RUB.
Die Veranstaltung soll einerseits Ausdruck der Solidarität mit den Forderungen der Studierenden und ihren Aktionen sein. Andererseits soll mit dieser Diskussion deutlich gemacht werden, wie
die Beschäftigten der Uni Opfer der gleichen Politik sind, gegen die sich die Studierenden wehren,
der angedrohte Sozialabbau in Bochum nach dem sogenannten Haushaltssicherungskonzept aussehen soll,
die existenzielle Bedrohung z. B. der Beschäftigten bei Opel aussieht,
Gesetze und Vereinbarungen von Arbeitgebern gebrochen werden,
alle Lebensbereiche immer stärker dem Diktat der Ökonomisierung unterworfen werden.
Ziel der Veranstaltung soll es also sein, sich gegenseitig zu ermutigen, gemeinsam gegen die Entdemokratisierung aller Lebensbereiche und die Umverteilung zu Lasten der ärmeren Mitglieder der Gesellschaft anzugehen.
Die Besetzung des Audimax der Ruhr-Universität dauert auch über das Wochenende an. In einem offenen Plenum am Sonntag Nachmittag entschieden sich die etwa hundert Besetzenden, auch über das Wochenende hinaus im größten Veranstaltungsraum der Uni zu bleiben. Ab Montag ist das Audimax an die Bochumer Symphoniker vermietet, die dort für ihr anstehendes Konzert proben möchten. „Wir müssen also fürchten, dass das Rektorat das Audimax polizeilich räumen lässt, um die Abmachung mit den Symphonikern nicht zu brechen“, meint Jan Keitsch vom Bochumer AStA. „Es wäre aber ein öffentliches Armutszeugnis für die Uni, wenn sie studentischen Protest polizeilich unterdrückt, um kommerzielle Veranstaltungen durchzuführen.“ Eine offizielle Stellungnahme der Universitätsleitung über das weitere Vorgehen liegt weiterhin nicht vor.
Am Mittwoch, den 25.11., ist der Tatort Jazz nicht im Thealozzi sondern ab 20.00 Uhr im Bahnhof Langendreer zu hören. Der Ortswechsel wird wie folgt erläutert: »Der Haushaltsstopp in Bochum bremst nicht nur Tatort Jazz aus, sondern auch feste Institutionen wie u.a. das Kulturhaus Thealozzi und den Bahnhof Langendreer. Deshalb geht der Tatort Jazz on Tour – im November vom Thealozzi in den Bahnhof Langendreer – um überall präsent klarzustellen: Kulturhauptstadt? Ohne uns geht das gar nicht! Angeregt wurden wir dazu durch Reinhard Junge und Leo Ard, die in „Mordsschnellweg“ schreiben „dass der größte Ballungsraum Deutschlands zu Recht ›Europäische Kulturhauptstadt 2010 geworden ist. Nirgends wird subtiler, heimtückischer und niveauvoller gemordet als zwischen stillgelegten Zechen, modernen Technologieparks und idyllischen Schrebergärten“. Tatort Jazz im Ruhrgebiet: dazu hat Milli Häuser bekannte Ruhrgebietskünstler geladen, die ein besonderes Programm auf die Beine stellen. Näheres.«
Vom 3. bis 5. Dezember 2009 findet an der Ruhr-Universität Bochum ein Symposium „Die Transformation der Orte. Annäherungen an die nationalsozialistischen Konzentrations- und Vernichtungslager“ statt. TeilnehmerInnen und Vortragenden sind 30 NachwuchswissenschaftlerInnen und KünstlerIinnen. Die Konferenz wird durch einen öffentlichen Vortrag und eine Ausstellung ergänzt. In der ROTTSTR5 wird vom 4. – 8. Dezember die Ausstellung „Niemands Orte“ gezeigt. Hier dokumentiert der Berliner Fotograf Christian Herrnbeck die ehemaligen Orte des nationalsozialistischen Terrors in ganz Europa in ihrem heutigen Zustand. Dabei handelt es sich um ein unabgeschlossenes und unabschließbares Projekt, an dem der Künstler kontinuierlich weiterarbeitet. Insgesamt 1.200 Fotografien werden in einem sich stündlich wiederholenden Durchlauf auf drei Projektionsflächen abgebildet. Am Freitag, den 4. Dezember, referiert um 20 Uhr Dr. Karola Fings, stellvertretende Direktorin des NS-Dokumentationszentrums der Stadt Köln, in der Christuskirche über das Thema: „Jenseits und diesseits des Lagerzauns. Wechselwirkungen zwischen Lager und Umgebungsgesellschaft am Beispiel der KZ-Außenlager im Ruhrgebiet und im Rheinland“. Näheres.
Der Bochumer Lokalsender 98,5 Radio Bochum berichtet: „Prorektor Ulf Eysel geht nicht davon aus, dass das Audimax am Wochenende zwangsgeräumt wird.“ Eysel wörtlich: „Solange das nicht zu irgendwelchen kriminellen Handlungen ausufert, glaube ich eben auch nicht, dass hier eine Polizei reinkommt, weil daran kann niemand Interesse haben.“ Der Rektor der Ruhr Uni weilt zur Zeit in China. Kalauer mit umfallenden Reissäcken sind auf dem Campus deshalb hoch im Kurs.
Das Ultimatum des Rektorates der Ruhr-Uni, dass die BesetzerInnen bis 18.00 Uhr das Audimax verlassen sollen, ist ohne besondere Vorkommnisse verstrichen. Kurz vor Mitternacht schreiben noch einige wenige AktivistInnen Flugblätter und bereiten Aktionen vor. Die meisten Anwesenden feiern auf einer Party ihre erfolgreiche Woche.
Freitag 20.11.09, 22:30 Uhr
Kirchen, Wohlfahrts- und Jugendverbände zum Haushaltssicherungskonzept:
In einer gemeinsamen Erklärung der Kirchen, Wohlfahrts- und Jugendverbände zum von der Verwaltung vorgelegten Haushaltssicherungskonzept der Stadt Bochum heißt es: „Die Kürzungsvorschläge der Stadtverwaltung gefährden das soziale Netz in unserer Stadt. Die Sparvorschläge treffen in ihrer Summe die einkommensschwachen Familien besonders hart und dies an mehreren Stellen zugleich.“ Im Fazit der Erklärung heißt es: „Gemeinsam entwickelte und begründete sozial- und familienpolitische Konzepte werden aus monetären Gründen aufgegeben. Das Festhalten an sog. ‚Leuchtturmprojekten‘ bei gleichzeitiger Anhebung der Einkommensgrenzen für Leistungen im Sozialbereich und zusätzlicher Absenkung von Standards bzw. Schließung von Einrichtungen hat Symbolwirkung für die Menschen in unserer Stadt. Es erweckt den Eindruck, dass die Lasten des Sparzwangs ungleichmäßig verteilt werden.“ Die Erklärung als PDF-Dokument.