Michael Wenzel (Foto), der Geschäftsführer des Mietervereins Bochum, hat einen Kommentar zur Stellungnahme des DGB-Vorsitzenden der Region Ruhr-Mark Michael Hermund „Ausbildungsbilanz zeigt Ausbildungsdrama“ geschickt: „Vielleicht einige Sätze aus der Sicht eines Praktikers in einem 20-Leute-Betrieb, der momentan zwei junge Leute ausbildet und seine letzten beiden Azubis übernommen hat: IHK und Arbeitsagentur gehen aktiv und intensiv auf die Betriebe zu, um sie dazu zu bewegen, Ausbildungsplätze anzubieten und die zuständigen Sachbearbeiter/innen bemühen sich nach Kräften, bei der Suche nach geeigneten Bewerber/innen zu helfen. Das war noch vor einigen Jahren wirklich völlig anders – weshalb auch wir lange Zeit zu den Betrieben gehörten, die der Arbeitsagentur freie Plätze tunlichst NICHT mitgeteilt haben. Die finanziellen Hilfen der Arbeitsagentur für zusätzliche Ausbildungsplätze sind hingegen völlig unzureichend und für Betriebe unserer Größe hinsichtlich der übertrieben strengen Vorgaben schlicht unattraktiv. Das führt bei uns immer wieder zu der Frage, ob wir tatsächlich über Bedarf ausbilden sollen oder besser unsere Azubis nach der Ausbildung länger übernehmen – wobei länger bei uns in der Regel eine Übernahme für mindestens ein Jahr bedeutet.
Hinsichtlich der Bewerber/innen ist es leider tatsächlich so, dass auch wir uns irgendwann eingestanden haben, dass ideologisches Wollen nicht darüber hinwegtäuschen kann, dass viele Kandidat/innen eklatante Mängel in den Bereichen Allgemeinbildung, Rechtschreibung und Mathematik haben – wobei es gelegentlich selbst bei den Grundrechenarten arg hapert. Solche Bewerber/innen wären für uns ein wirkliches Problem, weil wir bei unserer Betriebsgröße einfach nicht in der Lage sind, alle Versäumnisse des Schulsystems bzw. der Bewerber/innen aufzuarbeiten. Sprich: „Schwierige“ Kandidat/innen fallen auch bei uns durch und haben einfach keine Chance.
Hingegen haben wir uns schon lange daran gewöhnt, dass in neun von zehn Anschreiben genau die Formulierungen stehen, die bereits ab der achten Klasse im Unterricht stur eingeübt werden. Da zeigt, dass das schulische Bewerbungstraining offenbar eine sehr einheitliche (und langweilige) Wirkung hat.
Es ist ebenfalls Fakt, dass bei uns von zehn Bewerber/innen, die wir zum Gespräch einladen, im Schnitt immerhin acht tatsächlich erscheinen.
Fakt ist aber auch, dass wir in diesem Jahr über 150 Bewerber/innen auf eine Stelle hatten. Mithin so viele wie noch nie. Darunter waren eine ganze Reihe für uns geeignete Kandidat/innen – also beileibe nicht nur die Spreu, die so gerne vom Weizen getrennt wird. Unsere erst Ende Mai getroffene Entscheidung, wg. des sich abzeichnenden Ausbildungsplatzdesasters doch noch kurzfristig einen Platz auszuschreiben, war also offenbar richtig.
Uns als Betrieb würde eine Ausbildungsplatzabgabe dann weiterhelfen, wenn wir damit zusätzliche (!) betriebliche Ausbildungsplätze finanziert bekämen. Dann könnten wir mehr anbieten, als unsere eigene Ertragskraft zulässt und wir würden uns nicht mehr ganz so sehr darüber ärgern, dass wir durch uns gut ausgebildete junge Menschen früher oder später an die Betriebe weiterreichen (müssen), die sich bei der betrieblichen Ausbildung verweigern.“
Foto: Frank Rogner