Donnerstag 30.04.09, 21:00 Uhr

AStA: Studiengebühren nicht gesenkt, trotzdem Teilerfolg für studentischen Protest


Der AStA der Ruhr Uni schreibt: »Der Senat der Ruhr-Universität Bochum (RUB) hat auf seiner Sitzung am 30.04. einen Antrag der studentischen Fraktion auf Senkung der Studiengebühren abgelehnt. Bereits zuvor wurden die Studierenden durch einen Beschluss schockiert, welcher die Arbeit der Fachschaftsräte behindert. Die studentische Senatsfraktion konnte jedoch einen Erfolg bei der Ausweitung der Gründe zur Befreiung von Studiengebühren erlangen. Auf ihre Initiative hin wurden die Studiengebühren für Eltern und Schwangere aufgehoben und zudem die Gebühren für studierende Geschwister gesenkt. In Zukunft wird die Campusmaut in Höhe von derzeit 480 Euro nur einmal pro Familie fällig. Nach über sechstündiger Sitzung lehnte der Senat der Ruhr-Universität heute die Senkung der Studiengebühren ab. Die studentische Senatsfraktion hatte beantragt, diese von derzeit 480 Euro pro Semester auf 400 Euro zu verringern. Studiengebühren sollen laut Gesetz zur Verbesserung der Lehre eingesetzt werden. Die Liste von Fällen, in denen sie an der RUB falsch ausgegeben wurden, ist nach Meinung vieler Studierender jedoch lang. Sie kritisieren beispielsweise die Finanzierung von Gebäudesanierungen wie Wandanstrichen oder den Austausch der Bestuhlung. Diese Aufgaben fallen rechtlich in die Zuständigkeit des Landes. Ebenfalls Stein des Anstoßes ist die Umschichtung von bereits vorher getätigten Ausgaben auf Studiengebühren, die lediglich dem Erhalt des Status Quo dienten. Trotz dieser fälschlichen Ausgaben sei jedoch ein erheblicher Anteil der Studiengebühren ungenutzt geblieben. Dies war die Begründung des Antrags der studentischen Senatsfraktion auf Senkung der Gebühren. „Das Rektorat betreibt offensichtlich eine Verschleierungstaktik. Die Veröffentlichung des Berichts über die Verwendung von Studiengebühren verlief äußerst dubios. Diverse Zahlen erwiesen sich nach Berechnungen des Allgemeinen Studierendenausschusses als nicht zutreffend. Insgesamt entsteht der Eindruck, dass versucht wird, mit frisierten Zahlen die Ausgabe unnötiger Gebühren zu rechtfertigen,“ so Michael Wolf vom Allgemeinen Studierendenausschuss (AStA). Der AStA ist die gewählte Vertretung der studentischen Selbstverwaltung.
Der AStA der Ruhr-Universität hält weiter an der Abschaffung von Studiengebühren fest. Selbstverständlich dürfe diese nicht zu einer Kürzung der ohnehin knappen Gelder in den Fakultäten führen. Der AStA sieht hier das Land in der Pflicht, für eine ausreichende Finanzierung der Universitäten zu sorgen, so Jan Eufinger vom AStA-Vorstand. Weiter hätten alle Menschen unabhängig vom Einkommen ihrer Eltern ein Recht auf umfassende, selbstbestimmte und kostenfreie Bildung. Bildung sei ein Selbstzweck und dürfe deshalb nicht ausschließlich unter der Maßgabe der wirtschaftlichen Verwertbarkeit betrachtet werden. Um diese Ziele durchzusetzen, beteilige sich der AStA auch an den Vorbereitungen zum bundesweiten „Bildungsstreik“ im kommenden Juni.
„Obwohl in Hessen die Studiengebühren abgeschafft und an der Uni Münster gesenkt wurden, hält die Ruhr-Uni an Studiengebühren fest. Dies ist nicht nur unsozial, sondern auch unvernünftig. Offensichtlich wurde diese Entscheidung nicht aus wirtschaftlichen, sondern aus ideologischen Gründen getroffen“, empört sich Benjamin Bettinger vom Referat für Hochschulpolitik
Für die Studierenden war die Ablehnung ihres Antrags bereits der zweite Affront. Zuvor brachte Prof. Dr. Roman Seer einen Antrag ein, der darauf hinausläuft, die Arbeit von Fachschaftsräten massiv zu hemmen. Der Senat der RUB beschloss daraufhin – gegen den Widerstand der studentischen Senatsfraktion – die Univerwaltung prüfen zu lassen, auf wie viele Mitglieder Fachschaftsräte begrenzt werden können. Fachschaftsräte sind die Vertretungen der Studierenden in den Fakultäten und Instituten, führen Erstsemester in das Studium ein und übernehmen oft weitreichende organisatorische Aufgaben. Da die Tätigkeit im Fachschaftsrat sehr zeitintensiv ist, sei die Wahrnehmung einer solchen Tätigkeit ohne die Befreiung von Studiengebühren, die nur noch einer begrenzten Personenanzahl gewährt werden soll, faktisch nicht möglich. „Das Ergebnis dieser Entscheidung ist eindeutig die Aushebelung der studentischen Mitbestimmung. Roman Seer scheint die Fachschaftsräte zu kostenfreien Arbeitskräften für die Institute degradieren zu wollen“, so der AStA-Vorsitzende Karsten Finke.
Zuvor kam es bereits bei der Veröffentlichung des Berichts über Verwendung von Studiengebühren zu Beschwerden über den Umgang mit den Fachschaftsräten. Viele Fachschaftsräte lehnen allgemeine Studiengebühren ab. Obwohl sie dies in ihren offiziellen Berichten äußerten, bügelte der Rektor diese Kritik in einem Nebensatz ab. Nicht berücksichtigt wird auch, dass die Fachschaftsräte einem Rechtfertigungsdruck ausgesetzt werden. Sie müssen einerseits für eine den Interessen der Studierenden entsprechende Verteilung der Studiengebühren sorgen, obwohl sie diese andererseits politisch mindestens bedenklich finden. Dieser Sachzwang ist den Studierenden nur schwer zu vermitteln?, so Sven Görgens, Sprecher der FachschaftsvertreterInnenkonferenz. Auch Annika Klüh vom AStA-Referat für Hochschulpolitik zeigt sich brüskiert über das Vorgehen des Rektorats. „Während der Rektor in seinem Bericht die angeblich vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den Studierenden lobt, berichten uns immer wieder Fachschaften davon, dass sie massiv zu bestimmten Entscheidungen gedrängt werden.“
Trotzdem sieht Benjamin Bettinger vom AStA den Tag für die Studierenden nicht als völlig verloren an: „Immerhin konnten wir mit der Ausweitung der Befreiungsgründe einen Erfolg verzeichnen. Ohne die Arbeit des AStA und der studentischen Senatsfraktion, sowie des entschlossenen Protests der Studierenden, wäre auch diese nicht zu Stande gekommen.“
Gemäß der neuen Regelung werden Eltern und schwangere Studierende von Studiengebühren befreit. Des Weiteren werden die Gebühren in Höhe von 480 Euro in Zukunft durch studierende Geschwister geteilt. Ziel dieser Idee ist die Entlastung von Familien. „Diese Maßnahme ist zwar nur ein Tropfen auf den heißen Stein, aber zumindest kann so die schwierige Lage einiger Studierender verbessert werden“, so AStA-Referent Martin Schmidt.