Samstag 21.02.09, 22:00 Uhr

Wie 1975: Die Bosse stöhnen – wir sollen löhnen


Das Bochumer Sozialforum hat heute mit einer Straßenaktion auf seine Tagung am kommenden Wochenende aufmerksam gemacht. Unter dem Motto „Kapitalismus in der Sackgasse – eine andere Welt ist möglich“ findet am 27. und 28. Februar eine Workshop-Tagung im Bahnhof Langendreer statt. Näheres. Eyecatcher der heutigen Aktion war ein Transparent, das der ehemalige Opelbetriebsrat Wolfgang Schaumberg mitgebracht hatte. Mit diesem Stoff war er 1975 in die Opel-Betriebsversammlung gezogen: „Die Bosse stöhnen – wir sollen löhnen“. Auch damals ging es um Krise und Kurzarbeit. Der aktuelle Text des Flugblattes des Bochumer Sozialforums: „Von Woche zu Woche überschlagen sich die Schreckensmeldungen. Was jetzt losbricht, ist in der Tat in den letzten Jahrzehnten ohne Beispiel. Das internationale Bankensystem ist praktisch insolvent. Die Kaufkraft fällt. Arbeitslosigkeit, Kurzarbeit und Armut schnellen nach oben. Zwei Mio. Arbeitsplätze wurden in den USA allein in den letzten vier Monaten vernichtet. Mit dem Wegfall von weiteren 3-5 Mio. Arbeitsplätzen wird für 2009 gerechnet. Auch in Deutschland beginnt die Krise, zum eiskalten Jobkiller zu werden. Und auch hier gibt es dank Agenda 2010 fast keine soziale Absicherung mehr nach unten. Für dieses Desaster gibt es zwar überhaupt keine plausible Erklärung aus der herrschenden Politik und der „Wirtschaft“. Aber sie wussten sofort, was angeblich zu tun sei: Für Banken und Konzerne müssten schlagartig unvorstellbare Milliardensummen aus Steuergeldern lockergemacht werden. Gestern war es noch der freie Markt, der den Oberen Zehntausend Einkommen und Vermögen zuschaufelte. Heute brauchen sie unbedingt den Staat, um die Ausbeute jener flotten Jahre nicht wieder zu verlieren. Unglaublich: derselbe Staat, der nach wie vor verbissen mit jedem ALG II–Bezieher um 10 Euro feilscht, verteilt das Geld eimerweise, sobald es um Summen oberhalb der Milliardenschwelle und um die „richtigen“ Empfänger geht. Dazu passt, wie die Faust aufs Auge, die jetzt beschlossene „Schuldenbremse mit Verfassungsrang“ ab 2015. Die dann geplante „Haushaltskonsolidierung“ bedeutet nichts weniger als eine Kriegserklärung an die Besitzlosen. Sie sollen dann – bei völlig überschuldeten öffentlichen Kassen – auf öffentliche Infrastruktur verzichten oder sie alleine bezahlen. Nach dem Willen der herrschenden Kreise soll möglichst niemand auf die Idee kommen, dass dieses Desaster vielleicht System hat. Doch es spricht in der Tat einiges dafür, dass die „plötzliche“ verheerende Wirtschaftskrise mit ihren unabsehbaren sozialen Folgen schon viel eher hervorgetreten wäre – wenn die riesenhafte Finanzspekulation den Crash des „zuviel“ produzierten Kapitals nicht hinausgeschoben hätte. Die Workshop-Tagung des Bochumer Sozialforums möchte in dieser verwirrenden und gefährlichen Situation zu einer „Verständigung von unten“ beitragen. Aus unterschiedlichen Blickwinkeln wollen wir die Ursachen, Zusammenhänge und Folgen der Krise betrachten. Wir möchten aber auch die Möglichkeiten und Chancen für eine „andere Welt“ ausloten.“